Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1985

RICHARD HOFBAUER · tmiLLeJ c() erzieht Mit einem lauten Fluch warf Emil die Zeitung auf den Tisch, so daß Emilie, seine Frau, die ihm gegenübersaß, erschreckt zusammenzuckte. ,,Zum Teufel mit diesen verdammten Preiserhöhungen! Wenn das so weitergeht, werde ich noch auf meinen Wagen verzichten müssen!" „Aber nein, so schlimm wird es schon nicht werden", versuchte ihn seine bildhübsche Frau zu beruhigen. „Nicht so schlimm?" ereiferte sich Emil wütend. ,,Hast du vielleicht ga.nz deine ·wünsche vergessen? Vor etwa einer Woche hieß es: ,Wir brauchen einen neuen Staubsauger.' Wenige Tage später hörte ich, daß eine neue Handtasche von größter Wichtigkeit wäre. Und erst gestern wurde ich mit der Notwendigkeit neuer, moderner Gardinen vertraut gemacht. Hab' ich vielleicht nicht recht?" Anklagend sah Emil auf den blonden Lockenschopf vor sich. · „Hm, es ist schon möglich, daß ich dernrtiges gesagt habe", mußte Emilie widerwillig bekennen. ,,Aber das alles ist doch jetzt nicht mehr so wichtig", tröstete sie mit einem freundlichen Lächeln. 11Da du momentan mit dem Wagen so viel Kummer hast, werde ich eben auf diese Dinge verzichten. Unser Auto hat natürlich Vorrang." Emilies Stimme hatte sehr ehrlich geklungen; trotzdem sah Emil sie zweifelnd an. Sollte es möglich sein, daß diese Worte ernst gemeint waren? Der plötzliche Opfermut seiner Frau schien ihm etwas verdächtig. ,,Warum siehst du mich so forschend an? Habe ich nicht schon öfters dir zuliebe auf notwendige Dinge verzichtet?" Mit einem strahleiiden Lächeln, auf ein Lob hoffend, sah sie zu ihm herüber. Emil legte seine Stirne in nachdenkliche Falten. Nun, um ehrlich zu sein: Er konnte sich an keinen einzigen Beweis derartigen Opfermutes seiner Fra.u erinnern. Da er sie aber nicht kränken wollte, zwang er sich zu . einem bejahenden Kopfnicken, um so mehr, da er sich die Chance, die · ihm ihr unerwartetes Angebot bot, nicht entgehen lassen wollte. Darum antwortete er: 11Sicher, und ich weiß auch deinen hochherzigen Verzicht zu schätzen, Liebling. Dein Vorschlag kommt mir gerade jetzt sehr zurecht. Denke nur an unsere Urlaubspläne, an unsere fünfwöchige Reise quer durch Europa,." Als er das sagte, glaubte er damit den Grund zu dem großmütigen Verzicht seiner besseren Ehehälfte gefunden zu haben. Natürlich, nur das konnte es sein! Mehr noch als er selbst nämlich liebte seine teure Emilie Reisen mit ihrem Wagen. Keine Strecke konnte ihr da zu weit sein und kein Wetter zu schlecht. Hauptsache war, der Urlaub dauerte echt lange und sie kamen möglichst weit herum. ,,Der Wagen muß 'bis dahin in einwandfreiem Zustand sein", unterbrach Emilie seine Geda.nken, 11Merke dir: Nichts für uns, alles für unser Auto! Die Batterie ... " w .. ist vor drei Wochen neu gekauft worden", erinnerte Emil seine ·Frau. 11Unsere Reifen sollten durch neue ersetzt werden. Die Profile sind nicht mehr die besten." 11Wird noch diese Woche geschehen." 11 Und der Motor?" 111st in der Servicewerkstatt zur Überholung vorgemerkt." 49

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