UNTERHALTUNG 1)fr JJ93ertl-::1JcaOontla'' bon QJroferaming DR/OSEF FEYRL Als Lehrer in Großraming las ich gerne in den alten Kirchenbüchern und in den vergilbten Schriften des reichhaltigen und wohlgeordneten Pfarrarchives. Wiederholt fand ich Notizen über eine Marienstatue, die einst in der Pfarrkirche gestanden · ist, hoch verehrt und reich beschenkt worden ist. Die derzeit auf dem Marienaltar stehende Statue kann rnit jener al' ten nicht identisch sein, denn sie wurde erst 1784 in Steyr bestellt. Wenn also M. Kaltenbrunner in seiner „Geographisch-historischen Skizze von Großraming" (Seite 14) beide Statuen identifiziert, so irrt er. Wohin ist nun jenes uralte Frauenbild gekommen? Umfra.ge bei den Leuten und Suche waren vergebens, bis endlich kurz vor meinem Scheiden - von Großraming (1925) ein Sojähriger Mann (Michael Reitmayer, Grabenhä:usler in Hintstein Nr. 4) mir befriedigende Auskunft gab. Er erzählte, was er noch aus dem Munde seines Großvaters gehört hatte : Es sei einmal „von oben ein Schreiben herabgekoillillen" des Inhalts, daß bekleidete Statuen in Kirchen nicht mehr weiter verbleiben dürften. Da in der Pfarrkirche eine bekleidete, uralte und hochverehrte Mut- · tergottes-Statue sta.nd, so habe · der damalige Pfarrer (es war der Garstner Kapitular P. Hieronymus Kapeller) die Bauern zusammengerufen und sie befragt, •was man . nun tun solle. Eswäre sogar der Vorschlag gemacht 2 worden, die Statue zu verbrennen, damit sie vor Verunehrung bewahrt bliebe. Da, habe aber der Bertlbauer (Josef Garstenauer hieß er) darnm für seine Kapelle gebeten. Es sei also das alte Frauenbild in die Bertlkapelle gekommen. So der Bericht des Greises. , Das „Schreiben von oben", das mein Gewährsmann erwähnte, 1st offensichtlich das Hofdekret vom 29 . April 1784, durch das Kaiser Josef II. verfügt hat, daß jede Statue in Kirchen nm: allein aus der Ma,terie, aus der sie verfaßt ist, zu bestehen habe. Nur solche Statuen dürften einfach gekleidet sein, die keine geschnitzte Kleidung an sich · hätten oder durch das Alter so verstellt seien, daß sie renoviert werden müßten. Da dies bei unserer Statue in der Großraminger Pfarrkirche nicht der Fall war, mußte sie entfernt werden. Die Josefinisc:b.e Verfügung hat also hier, wie an vielen anderen Orten - ganz im Sinne der sogenannten Aufklärm1g - altes Kulturgut verdrängt, aber die Bauernkapelle - wieder ein sehr häufiger Fall - hat es a,ufgenomrnen und gerettet. Nachdem ich nun den derzeitigen Standort der mir aus den alten Aufzeichnungen bekannten Statue erfahren hatte, machte)ch ,rnich sofort zur Bertlkapelle auf. Das Bertlgut ist ein alter Besitz und liegt in der Ortschaft Hintstein (Nr. 10) am, steilen Abhang des . B,ertlbe;rges, 50 Minuten 33
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