Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1984

,,zwar haben ,Sie ,zunächst den Nutzen, dcich später i,rge:p.dwaRn, ·wohne ich ja hier, also ist es letztendlich ein Vorteil für uns beide! Ich brauche doch dann die Arbeit nicht mehr zu machen, wenn ich einmal umziehe . Dann ist es für mich doch ganz einfach, nur von unten nach oben!" „Ja", dachte er erschreckt, ,,und ich ·von oben nach unten!" und flüstert heiser: ,,Also gut." „Fahren Sie mich denn heute auch wieder auf den Friedhof?" ba,t er schüchtern. ,,Selbstverständlich, Herr Weber! Das mache ich gern. Wir können vorher sogar noch im Bauhaus vorbeifahren und den Teppichboden aussuchen." „Das Zeug aus den Plastikflaschen stinkt ja entsetzlich" , schimpfte Weber, und hüstelte. „Ja, da haben Sie recht", stimmte Claudia zu, ,,diese modernen 2-Komponenten-Kleber duften nicht, abe,r d:i.für kleben Sie um so besser. 11 „Was hat sie gesagt?" dachte er und überlegte: 11 2 Kornpo, ich habe es nicht genau verstanden, aber ich möchte nicht noch mal fragen." Mißtrauisch betrachtete er die Behälter und wunderte sich, daß kein Aufkleber angebracht war. Claudia verrührte die Flüssigkeite1) in einem alten Einweckglas, prüfte die Mischung und bega,nn den Boden ein zukleistern. ,,Also, wenn man Ihnen so z;usieht" , meinte er anerkennend, ,,wie Sie das Zeug durcheinanderqui len, ruck-zuck, alle Achtung." ,,Na ja", antwortete sie gedehnt, ,,schließlich bin ich ja gelernte Chemielaborantin , da muß man das schon können. Wichtig ist, daß das Verhältnis stimmt, sonst wirkt's nicht , äh, ich meine natürlich, sonst klebt's nicht richtig." 11Nein11 , stöhnte Weber, 11 das halte ich nicht aus. Dieser Gestank ist ja unerträglich! 11 86 ' Claudia nickte, nahm die FlasGhen, ging damit auf den Balkon und stellte sie zwischen die Blumenkästen. Weber war ihr gefolgt und meinte : Ich setze mich lieber hier auf den Balkon, da habe ich wenigstens frische Luft." 11Ja, das ist sicher rieb tig", sagte sie, ,,hier draußen ist es besser. Sehen Sie mal, da sind ja soga.r Schmetterlinge und Wespen, mitten in der Stadt, das hätte ich nicht gedacht. 11 11Die sind oft hier", antwortete Weber, 11 die wissen schon, wo noch Blumen blühen. 11 Während sie den Teppichboden verlegte, beobachtete er aufmerksam die Insekten. Dann war sie fertig, räumte Werkzeug und Abfälle fort und stellte die Möbel wieder auf. 11 Nun ist es doch schöner geworden, als ich dachte" , sagte er zufrieden. Einige Tage darauf brach Weber im Treppenha,us zusammen. Er starb , noch ehe der Rettungswagen eintraf. Der Notarzt untersuchte ihn notdürftig und stellte Altersschwäche fest . Der Bestattungsunternehmer fand in Webers Hosentasche einen Brief. Ein harter, runder Gegenstand steckte darin. · Vorsichtshalber verständigte er die Polizei. Am nächsten Morgen baten zwei Kriminalbeamte Claudia auf das Polizeipräsidium. Dort las man ihr den Brief Webers vor: ,,Sollte ich in Kürz t;: überraschend sterben, untersuchen Sie bitte die beigefügte Flüssigkeit. Frau Claudia Mi.inter verlegte in meinem Schlafzimmer einen Teppichboden und verklebte ihn mit diesem Mittel. Ich füllte unbemerkt ein wenig davon in dieses schon lange leere Medizinfläschen. Vielleicht war es ja nur ein Zufall, aber als auf meinem Balkon eine Wespe daran roch, torkelte sie und fiel tot zu Boden. 11

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