Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1984

manch losen Streiches Werndls genauso herhalten mußte wie der Hofnarr des Großindustriellen, der Schwertfegemeister Mitter. Hochhau- :ser mußte sogar bei einer Heirat herhalten, damit der Schein bürgerlicher Ehrenhaftigkeit in der breiteren Öffentlichkeit gewahrt bleibe, obgleich die Spa,tzen von den Bäumen pfiffen, wie denn das in Wahrheit zuging. Der genannte Kassier Franz Bayer ist kein Geringerer als der spätere Steyrer Musikdirektor Franz Xaver Bayer, Schüler und Freund Anton Bruckners, der um so viele Jahre Jtmgere Vertraute des Ansfeldner Komponisten, auch sein Begleiter auf den Brautschauen des Tondichters, die dann alle mit dem Nein der Auserwählten oder einem plötzlichen Rückzug Bruckners endeten, weil er ,es sich heimlich doch überlegt hatte und· lieber ledig blieb . Er hatte schon seine Braut: die Musica,. Ja, mit ihr war er sogar schon verheiratet. Franz Xaver Bayer ist 19211 59 Jahre alt, in Steyr gestorben und hat sein Grab auf dem Friedhof der Eisenstadt (im dritten Hof • nach der Längstfront des Soldatenfriedhofes) gemeinsam mit seinem Sohn Julius, <ler ebenfalls ein bedeutender Musiker war, besonders ein vorzuglicher Organist, wie die Mitwirklmg in den Steyrer Kirchenkonzerten und auch an den Hochämtern am Sonntag bewiesen haben. Das große Kreuz auf dem Stein des Soldatenfriedhofes, vor dem die ersten fünf gefallenen Offiziere des Krieges 1914 - 1918 in ihren Gräbern liegen, war übrigens zunächst für das Grabmal Franz Xaver Bayers besti.mmt; er hat es einmal, weil es ihm besonders gefiel, erstanden und herrichten lassen, es war ein altes, wenn man will, ein antikes Kreuz. Aber nun widmete er es dem Soldatenfriedhof. So ra.gt es über die Gräber hin, nicht nur als ein Gruß der Gefallenen an die Stadt, der sie nun auch im Tode zugehören, sondern auch als Gruß eines Künstlers, der Steyr zu einer musichen Stadt gemacht hat . Wieviele 48 Sänger, Instrumentalvirtuosen und Dirigenten von Rang da kamen! Sie kamen freilich nicht oft, denn sie fürchteten, vor allem die Sänger, das rauhe Klima von Steyr im Winter. Man brächte es da, - in erster Linie die Tenöre - auf kein reines A. Immerhin genügte ihr Kommen. So erschloß Franz Xaver Bayer seine Stadt der Musik, wie sie Jahrzehnte zuvor Franz Schubert und Johann Michael Vogl in sie hineingetragen hatten. Kehren wir aber wieder zu unserer „Elektrischen Landes-Ausstellung" des Jahres 1884 zurück. Da begegnen wir Franz Xaver Bayer auch bereits als Komponisten. Er ha,t damals einen „Eröflfnungsmarsch zur Elek/trischen Ausstellung in Steyr im Jahre 188411 für das Pianoforte komponiert, sein opus 10. Gründlich ausgebildet bei bekannten Lehrern, so bei Professor Thiard-Laforest in Preßburg, wie er war. Im Alter von 20 Jahren ist er schon Chorregent im steirischen Rottenmann. Und 1888 kam er dann als Nachfolger des Regenschori Bernhard Ri.icker endgültig nach Steyr an die Pfarrkirche und Vorstadtpfa.rrkirche. Seine Tätigkeit als Kassier bei der 11Elektrischen Ausstellung" dürfte ihm manche Beziehung geschaffen haben, die seine Bestellung erleichterte. Allmählich belebte er das Steyrer Musikleben und erwies sich auch als feinfühliger Dirigent. Sogar Wilhelm Furtwängler bestätigte ihn nachträglich als einen der wenigen Dirigenten, die dem Werk Bruckners zum Ruhm verholfen haben. Als Organist kam er Bruckner ganze nahe. Viele seiner musikalischen Zeitgenossen sprachen immer da.von, daß man nie wußte, wer denn mit der Orgel die -Varationen auf das Kaiserlied gespielt hätte, Bruckner oder Bayer. Aber dann gehen sie hin, der eine früher, der andere später, Bayer eben schon mit 59 Lebensjahren, und zerrüttet Die Musik zerrt am meisten an der Lebenskraft. Und was folgte in der Werndl 'schen Fabrik mit ihrer elektrischen Erzeu-

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