Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1984

Dec ffienoc uon Jimmec 13 Erzählung von Ralf Urbcm Der Amsterdamer Bankier Van Boensdale saß mit seiner jungen, aparten Frau in der Ba,r des „PalaceHotels" an der Riviera. Die Stimmung war beschwingt, der Pianist herrschte in seinem Reich und verzauberte es in die sentimental glückliche Atmosphäre eines Märchens aus Tausendundeiner Nacht. Frau Van Boensdale im trägerlosen Abendkleid strahlte in der Schönheit ihrer Jugend und der glitzernden Brillanten. Wie eine Prinzessin thronte sie auf ihrem Hocker in der Mitte des Halbrunds um die Bar als einzige Dame, von eleganten Männern umgeben. Ab und zu tanzte sie mit einem der Kavaliere. Ihrem Mann waren der Whisky und die Havanna lieber. Er hatte mit seinem ihm bisher unbekannt gewesenen Nachbarn geschäftliche Berührungspunkte gefunden und führte daher ernste Gespräche. Ab und zu nickte er höflich flüchtig, wenn ihm einer der Herren seine Frau auf das kleine Tanzparkett entführte. Nur manchmal, sobald der bildhübsche Exote sie holen kam, trübte leises Mißtra,uen seinen Blick, denn er mochte schöne Männer nicht leiden. Außerdem war er um achtzehn Jahre älter als seine Frau. „Nun, du unterhältst dich recht gut?" meinte er daher, als Julia nach -einer solchen Tour auf ihren Barstuhl kletterte. „Danke, es geht", antwortete die Frau, ,,Senor Cortez ist ein fabelhafter Tänzer. Ein Südamerikaner . . ." „Pfff . ..", machte Van Boensdale und wandte sich wieder seinem Nachbarn zu. Erst gegen drei Uhr morgens suchte das Ehepaar sein Zimmer auf. 4C Etwa um zehn erwachte Van Boensdale, vom Durst gepeinigt. Mit Widerwillen öffnete er die Augen, um nach dem Wasserglas zu greifen, und sah, daß der Platz, an den seine bessere Hälfte hingehörte, leer war. Der Mann richtete sich stöhnend auf und versuchte nachzudenken. Dabei betra.chtete er den zweiten Teil des französischen Bettes mit wachsendem Mißtrauen, denn man merkt es irgendwie, ob jemand nur ganz flüchtig die Nacht darin verbracht hat. Nun blickte er im Zimmer umher. Ober einem Stuhl lagen wie hingehaucht Abendkleid, Strümpfe und pastellfarbene Intimitäten. Van Boensdale vermißte den lila Morgenrock und begann ihn zu suchen. Mit wachsender Nervosität lief er umher, dabei stellte er fest, daß die Doppeltüren unversperrt wa.ren. Wann also hatte seine Frau das Zimmer verlassen? Der Mann starrte lange auf das Tischehen, auf dem der Telefonapparat stand. Er erinnerte sich nämlich jetzt, in der Nacht dorthin seine Brieftasche neben den Schmuck seiner Frau gelegt zu haben. Er durchwühlte alle Koffer, sah in alle Taschen, La,den, Fächer. Nichts. Rasch kleidete er sich an, dann hob er den Hörer ab und fragte den sich meldenden Portier: ,,Ist meine Frau ausgegangen?" ,,Madame von Zimmer neunzfg?" meinte der Concierge. ,,Nein, Madame ist noch nicht heruntergekommen." „Können Sie mir sagen", überwand sich Van Boensdale, ,,welches Zimmer - hm - Senor Co - Cortez hat" _gonnen~e~6e _gommettptachl Foto: Deike / W. H. Müller ►

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2