Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1984

Die Töchter und ihr Sohn, die schläfrig am Tisch saßen, zwinkerten der Mutter zu. Sie wollten sie mit diesem sonderbar anhänglichen Bäuerlein von jenseits des Buchbergs allein lassen. Was die Mutter tat oder beschloss, war immer noch gut gewesen. 11 Gute Nacht, Kinder!" nickte sie den jungen Leuten zu und breitete ein weißes Tischtuch über die eichene Tischplatte. Dominik kehrte zu ihrer letzten Frage zurück: "Eine Liste, meinst du, Marianne - darauf müßt diesmal nur ein Name stehen!" Sie ließ es leicht errötend zu, daß er sie wieder wie einst bei ihrem Namen ansprach. "Und welcher Name wäre das?" "Der deine alleine!" Sie schüttelte lächelnd den Kopf. ,,Was du daherredest, Dominik!" Heute ließ sich der späte Gast nicht mehr verwirren. "Deine Kinder sind erwachsen, Ma.rianne. Wann wird dein Sohn selber Bauer sein auf dem Jogglgut?" Sie schaute erstaunt auf hin. Ihr Gesicht erschien ihm glatt und voll schönem Gleichmaß. Die graue Strähne im Haar sah er kaum. 11Meinst du, ich will so bald schon ein altes Ausgedingweiblein werden? 11 Jetzt strahlte auch Dominik lautere Freude aus allen seinen hundert Fältchen im Gesicht. "Genau so wollte ich dich reden hören, Marianne! Du hast dich in meiner Frage selber gefangen." Da stieg der Frau eine Ahnung herauf, die ihr leise Unruhe brachte. Sie fand in Dominik wieder Züge, die sie durch ihr Leben, schon längst ·ohne Vorwurf und Gram, mitgetragen hatte. "Willst du mich im eigenen Haus mit deiner Frage fangen?" wich sie dem erahnten Sinn seiner Worte aus. Dominik schaute nun offen auf sie und blinzelte ein wenig in dem blanken Licht, jenseits dessen sie saß. 38 ,,Du weißt es schon längst, Marianne, was mich heute zu dir getrieben hat: Daß ich ein Versäumnis für dich und mich gutmachen möchte". Die Frau fiel ihm nicht ins Wort. Aber ihre Gedanken hatten seine la.ngsame Rede bereits überflügelt. Sie wartete geduldig. So fuhr er i'ort: 11Komm auf den Buchberg als meine Frau und Bäuerin! Es ist spät, aber keine Tür ist noch zugefallen!" Seine Hände zitterten ein wenig, als er nun schwieg. Er hatte auf seiner heimlichen Brautschau in viele Gesichter geblickt - nun verblaßten alle vor der einen Frau, die er schon einmal geliebt hatte. Sie schüttelte langsam den Kopf. „Bin ich also die Letzte auf deiner langen Bra.utschau, Dominik?" Er erblaßte vor Betroffenheit. "Das weißt auch du, Marianne? - Diese Brautschau galt Peter, meinem Knecht. Aber er will mich jetzt verlassen - die Brautschau für ihn ist aus und vorbei!" Jetzt war es an der Frau, sich zu wundern. "Warum h ast du die Brautschau nicht Peter überlassen? Dominik schmunzelte verlegen. „Wie soll ich dir's erklären - Es sollte eine Bäuerin a,uf den Adamhof kommen, die auch ... " 11 ... die auch dem alten Dominik gefiel - wolltest du sagen!" Sie beugte sich über eine Stopfarbeit, die sie begonnen hatte. iSo mußte Dominik von neuem beginnen. "Alles ist mir schlecht ausgegangen. Ich hab mich ins Gelächter gebracht, und Peter braucht wohl meinen Rat nicht mehr." 11 Und jetzt hast du dich anders besonnen?" sagte sie ruhig. ,,Ja, Marianne - seit ich weiß, daß, du einmal lang a,uf mich gewartet hast." Ein sonderbar spätes Geständnis, schien es ihm·. Er fühlte bei ihrem Schweigen sein Herz immer schwer~r werden. Er fing_

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