Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1983

~~~~~~~~~~~ ) ~ ) ) Das ist die Nacht, in der wir Heimweh haben . ) nach Tagen einer längst versunknen Zeit. Nach Menschen, die uns Schönes gaben, Nad1 Städten, die unendlich weit. Das ist die Nacht, in der wir Rückschau halten ( und unsern Weg betrachten wie ein Bild ( und stumm die Hände über Gräbern falten · ) von Lieben, die den Lauf erfüllt. ) Das ist die Nacht voll Heimlichkeiten, ( da jeder still wird unter seinem Leid ( und nur die Kinder ihren Jubel breiten auf unsre Wunden wie ein goldnes Kleid. ) (Gedicht einer unbekannten Flüchtlingsfrau ) aus Ostdeutsdlland) ( · ( ~~~~~~~~~~~~ nicht erkannt, die ihn von ihrem Fensterplatz im Cafe gesehen hatte und ihm nun folgte. Atemlos kam der Knabe daheim an. Niemand war zuhause, unheimliche Stille lastete in der leeren Wohnung. „Es war schön von dir, Bernd, daß du mein Grab besucht hast", schien das Bild des Großvaters zu sagen, das ein bißchen verschmitzt a,us dem dunklen Rahmen im Wohnzimmer, blickte. ,, Soll ich dir jetzt das Kostüm zeigen; das ich heute anziehen wollte?" flüsterte der Knabe bebend. Der Groß_ vater nickte. Bernd lief in sein Zimmer, riß den Kasten auf, nahm das hinter Wäschestößen versteckte Harlekinkleid heraus und zog es vor dem großen Spiegel im Elternschlafzimmer an. Erwartungsvoll betrat er das Wohnzimmer. 11Sehr schön, mein Junge, wirklich prächtig! " stellte der alte Herr im Bilderrahmen überwältigt fest. ,,Schade, daß du daheim bleiben mußtest, wirklich. schade!" Bernd schaltete das Radio ein, und weil gerade flotte Musik gesendet wurde, begann er im Zimmer herumzutanzen. Wie närrisch sprang er umher, schlug Purzelbäume, machte Kopfstand, schnitt Grimassen, wie er sie dem Großvater abgeguckt hatte . . So vertieft war er in seine Narreteien, daß er niemand kommen hörte. Plötzlicli stand die Mutter in der Türe. Der Knabe erstarrte, blicl<:te sie entsetzt an. Ein paar Sekunden lang sahen sie einander reglos an. Dann hörte Bernd eine Stimme, nicl1t. streng und vorwurfsvoll, sondern sanft und ein wenig traurig. Es war lieb von dir, Kind, daß du dem Großvater Schneerosen gebracht hast. Sicher war er darüber genauso erfreut wie über dein hübsches Fascltingskostüm, da,s du ihm eben zeigst. Aber nun zieh dicl1 rasch um, bevor Vater kommt!" Bernds Starre löste sicl1. Er tat ein paar Schritte auf seine Mutter zu, die ihn zärtlich in die Arme schloß . Tränen stiegen ihm in die Augen. Er wollte sie tapfer hinunterschlucken, aber es gelang ihm nicl1t recht. Durch einen zitternden Schleier sah er, wie der Großvater ihm freundlich zunickte. 219

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