Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1982

,,Alle sagen es im Chor. Aber keiner traut sich, sie einzuladen." Diese Bitte, so treuherzig ausgesprochen, konnte er nicht abschlagen. Als vor Mitternacht die Glocken anschlugen , stieg Konrad mit de1.p. Mädchen Hedwig zum Chor hinauf. Johanne nickte dem Mädchen unauffällig zu - und Konrad schien es, als wäre dies alles schon abgemacht. Der tiefe, dunkle Baß des Lehrers füllte die lauschende Kirche aus. Die Leute wendeten unten die Köpfe h erauf. Auch der alte Pfarrer schien ein paarmal zu h orchen, bevor er wieder in der Messe fortfuhr. Aber wenn Johanne , den Blick des Lehrers fühlte, wich sie ihm jetzt aus . Als die Mette zu Ende war, richte te es Konrad ein, daß er neben ihr die Stiege hinabging. Doch er gewann aus ihr kein anderes Wort als "ja" ode1 „nein" mehr. Erst in seiner Stube im Schulhaus spürte er wieder die Wärme der Stunde, da ihm Johanne die Weihnacht ins Haus gebracht hatte ... Man hatte Konrad eingeladen, auch beim weihnachtlichen Hochamt mitzusingen, und in der Laune der Stunde hatte er zugestimmt. Aber nun verschlief er ti ef in den Vormittag hinein . Es war zu spät zur Kirche. Als er das Fenster öffnete, hörte er von der Kirche h erüber schon das Gloria. Konrad erschien es jetzt das Verlockendste, durch die Wälder hinauf zu der Schutzhütte zu wandern, zu der aus dem jenseitigen Tal ein Schil ift hinaufführte. Die Hütte war voll von jungen Leuten, und Konrad war auch jetzt froh, daß er kein bes timmtes Gesicht traf. Er fuhr ein paarmal mit schwingender Freude ab. Doch am N achmittag fuhr er mit seinen Schiern noch fast eine Stunde weit hinter der Hütte durch die schütteren Wälder bergan. Als die Sonne wie eine große, kalte Scheibe in den roten Dunst des Himmels hinabsank, war er wieder fern von Lachen und Lärmen. Die Täler der Menschen verschwebten in N ebel und Dämmer, die Gebirge im Süden stiegen mit jedem Schritt höher empor. Wo der Blick frei wurde, lehnte sich Konrad an eine Felswand. Er fühlt e sie kalt. Aber durch seinen Körper wogten jetzt die Ströme des warmen Blutes, sein Herz pochte hörbar, und wenn er die Augen schloß, sah er wieder Johanne. - Konrad kehrte erst in der Dunkelheit ins Dorf zurück. Aber diesmal litt es ihn nicht in der Stille - er fuh1 noch in der Nacht hinaus zu den Freunden in der Stadt. Die Lichter seines Autos huschten über schneeverhangene Bäume. Draußen im großen Tal begegneten ihm weniger Autos als sonst. Bald tauchte er in die Lichterflut der Stadt. Aber er fand diesmal keine Still].- mung. Die Tage rannen zäh vorbei. Die entfernte, alte Verwandte, bei der er wohnte, schüttelte den Kopf. ,,Du hast dich zu tief in die Einsamkeit vergraben , das tut dir nicht gut. Du wirst noch ein Sinnierer - wie dein Vater!" Konrad wollte widersprechen. Aber er erkannte, daß ihm dort hinter den Wäldern noch nie so öd gewesen war wie jetzt unter tausend Menschen. Noch vor Sylves ter fuhr er wieder zurück in sein Dorf. Es war schon N acht, und die Häuser ruhten tief versunken im Schnee. Die alte Tür des Schulhauses knarrte im Schloß. ~ WIENER STÄDTISCHE VERSICHERUNG, rasch beim Zahlen freundlich bei der Beratung überall in Osterreich GESCHÄFTSSTELLE STEYR Leop.-Werndl-Straße 2 - 4400 Steyr Telefon 23 9 60, 23 9 69, 22 9 28 57

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