„Die Vroni! " rief er, ,,die arme Häuslerdirne! Die Notgretl, die! Da schau mir mal einer an. Beim h ellsten Sonnenschein geht der Teuiel um und verrockt die Köpf'! - Martl! " Er trat rasch auf die andere Seite des Baumes und rief den Namen seines Sohnes mit weitschwallendem Zorn gegen den Hof hin. Sein Weib eilte ihm nach. Jetzt durften sie nicht zusammentreffen - die beiden mit ihren harten Köpfen - 'da gäb's ein Unglück, das ni=er gutzumachen wäre. „Aber, Bauer - um Gottes willen - so laß doch reden mit dir - sei doch net so jach!" bat sie. Er schüttelte ihre Hand von seinem Arm und lief gegen das Haus zu. ,,Wo ist der Martl?" Keiner wußte es - keiner hatte ihn noch gesehen. Das erhöhte nur seinen Zorn. ,,Seit wann is 's Brauch auf'm Meierhof, daß der Sohn fortlauft in aller Früh, ohne seinen Eltern guten Morgen zu sagen, und die Arbeit aufzunehmen, die man ihm verschafft! Was sind dös für neue Hollodrisitten ?" ,,Er is mitten in der Nacht fort!" sagte der Oberknecht kleinlaut. „Was?" schrie der Bauer verblüfft und wütend zugleich. ,,Mitten in der Nacht auf und davon. Und dös sagst du mir erst jetzt? Davon erfahre ich nix ! Was steckt da dahinter und wer is im Spiel mit ihm?" Er sah argwöhnisch nach der Bäuerin, die blaß, in heller Herzensangst dastand. Von dem allen wußte sie ja selber nichts. Was war aus ihrem Sohn geworden? Der Freithof-Klaus, der schon einige Minuten, von denen drinnen unbeachtet, am Hofzaun lehnte, mischte sich jetzt ins Gespräch. „Ich hab'n g'seh'n die Nacht - den Martl! " sagte er trocken. „Du?" rief der Bauer und sah ihn verächtlich an. ,,Da war er schon in einer sauberen G'sellschaft, wenn er in der deinigen war!" 54 Klaus schüttelte den Kopf. ,,Bei mir war er net!" fuhr er fort. ,,Ins G'wänd' is er nauf." „Ins G'wänd'?" stammelte die Bäuerin erschrocken. ,,Wird wohl wildern gangen sein!" sagte Klaus achselzuckend. „Mein Bub wildert net", schnitt ihm der Bauer das Wort ab und reckte sich stolz auf. ,,Sicher hat er nach dem Holzschlag g'schaut". „Aber es wachst doch gar kein Holz da oben", stöhnte sein Weib. Er stand einen Augenblick schweigend. Sie durften ja alle nicht merken, wie ihn die Angst und Sorge um seinen Einzigen nun selber ans Herz griff, daß er's kaum noch erschnaufen konnte. Auf einmal drehte er sich um und rief das Gesinde rauh an : ,,Was steht ihr denn da und halt Maulaffen feil - marsch, an d' Arbeit!" ,,Er kommt jedenfalls bald z'ruck!" sagte er dann anscheinend gleichgültig zu der Bäuerin. ,,Und über das andere reden wir später!" Der alte Klaus lauschte noch einige Minuten listig in den Hof hinein; dann ging er langsam weiter vors Dorf hinaus. Dort, wo der Wildbach durchs Steingeröll heruntersprang, ·stieß er einen leisen Pfiff aus. Das Weidengebüsch teilte sich und ein dunkler Kopf wurde sichtbar. „Mach' dich fort!" wispelte der Alte und drückte dem anderen rasch einige Geldstücke in die Hand. ,,Sie munkeln schon allerhand - eh ' 's Abend wird, is alles heraus! " Im nächsten Augenblick war das finstere Gesicht wieder hinter dem Gebüsch verschwunden und man hörte rasche Sprünge das kollernde Wasser hinauf. 6. Kapitel Beim Meierhofer ging's mit der Arbeit nicht vorwärts. Er war hier und dort, befahl dies und verbot jenes, aber eine steigende Unruhe erfüllte ihn. Plötzlich rief er den Oberknecht: ,,Geh' mit!" sagte er kurz.
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