blick gewärtig, daß ein Felsengeist aus den Tannen treten und ihnen die dunkle Wand auftun würde, um sie eintreten zu lassen in seine Märchenhallen voll leuchtenden :&:ristalls, blendenden Edelgesteins und schimmernden Goldes. Die Wand, die jetzt dunkel vor Martl aufstieg, war der Ort reicher Sagen seit altersher. Steil und unvermittelt, wie sie aus der Berghalde aufragte, glich sie den Überresten einer gigantischen Burg, die Riesenhände einst hier aufgerichtet, und noch immer schien ein menschenfeindlicher Geisterunhold dräuend über ihr zu wachen; denn gar manches junge Leben war schon an ihr zerschellt, das allzu kühn an den Schroffen sich ernporgerungen hatte. Oben aber an den zerklüfteten Zacken dieses riesigen Felsblockes leuchteten und schirnmer_ ten von jeher Edelweißsterne - die scheuen, lieblichen Hüterinnen der Bergeinsamkeit. Darum trieb es die jungen Burschen, die mit diesen selbstgepflückten Blüten ihren Auserwählten den Beweis andauernder, mutiger Liebe geben zu wollten, immer wieder die kahle, schwer zu besteigende Wand empor. Auch Martl war schon dutzendmale oben gewesen, dem Reiz der Gefahr folgend. Bisher aber immer für andere. Ihm genügte ein Edelweißstern am Hütl - den Rest der köstlichen Beute überließ er anderen, die über weniger geschmeidige Glieder verfügten und doch auf den Schrnmk, der von der Hochwart kam, nicht entbehren wollten. Heute galt es zum erstenmal sein eigen Lieb - die schönsten Blumen, das reichste Sträußchen sollte sie haben ! Mit sicherem Fuße kletterte er empor, hier auf eine schmale Felsenkante tretend, dort mit sehnigen Armen sich emporziehend. Steinchen kollerten unter seinen Füßen weg, ein schlummernder Falke scheuchte aus kümmerlichen Föhrengeäst auf, und eine Natter, die auf schmalem Grat in einer Ritze genächtigt hatte, zischte an Martls Kopf vorbei - er aber kletterte, der Gefahr nicht achtend, sicher und rüstig durch den fahlen Nebel aufwärts, dem Ziel entgegen. Endlich war die Höhe erreicht. M.artl war für seine Mühe reichlich belohnt. Rings um ihn aus dem Geklüfte des spröden Gesteins rankten die samtenen Sterne hervor und freudigen Mutes sammelte er ein schönes Sträußlein von ihnen ab. Dann stieg er abwärts - vorsichtig in der Dunkelheit, jeden Griff für die Hand, jeden Tritt des Fußes vorher prüfend und erwägend Plötzlich - er mochte höchstens noch 40 oder 5 o Meter von der Berghalde entfernt sein - krachte ein Schuß - gleich darauf ein zweiter. Hann es S c hmidhub e r WINTER Wiesen, Felder, Wald und Flur, Schneeverwehte Scb.li ttenspur. Zugefror'ner Stiller See, Schmale Pfade, Eis und Schnee. Wetterfi.cb.te.n Sturmzersaust, Rauhreiffabnen v\Tindumbraust. Sterngefunkel , Weißes Land, Wiesenbächlein, Silberband. Ruhe, Friede Weit und breit, Tiefer Winter Einsamkeit. 51
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