Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1979

Vor 50 JahreninderWüste Reisen ist heute selbstverständlich und bequem geworden. Reisebüros planen alle Details vor. Allerdings leidet darunter die persönliche Initiative; vieles ist gleichförmige Routine geworden. Auch vor 50 Jahren konnte man reisen, aber damals brauchte es dazu noch mehr Eigenständigkeit. Und auch die Begegnung mit den .Menschen der Reiseländer war ursprünglicher. Im Juli 1930 hat der Steyrer Oberschulrat Josef P f a ff e n w im m e r mit Wiener Kollegen unter Führung des Dozenten Ferdinand Strauß des Pädagogischen Institutes eine Studienfahrt nach Afrika unternommen. OSR. Pfaffenwimmer schildert nachfolgend seine Erinnerungen an die damalige Reise: Die Reise ging über Mailand und Genua zunächst nach Sardinien und von dort nach Tunis und in die Sahel. In der großen, halb von Franzosen, halb von Arabern bewohnten Stadt Tunis wurde unsere Ankunft bald bemerkt und die Zeitungen brachten Notizen, worin wir irrtümlich als Tschechoslowaken bezeichnet wurden. Als wir um eine Berichtigung ersuchten, geschah dies unter schmeichelhafter Anerkennung unseres Nationalstolzes als Österreicher. Dadurch war aber die Kunde von uns weit in das Inland vorausgeeilt, was uns in der nur von Arabern bewohnten Wüstenstadt Kairouan sehr zustatten kam. Nun fuhren wir auf Autos, wohlausgerüstet mit Wasser und Lebensmitteln, in die Wüste los. In El Djem erhebt sich neben einigen elenden Hütten ein mächtiges altrömisches Theater, größer als das Kolosseum in Rom und so wohl erhalten, daß ohne weiteres wieder gespielt werden könnte. Schon am nächsten Tag verspürten wir die so oft geschilderten Leiden der Wüste am eigenen Leib. Der Boden war hart wie Stein und von Blöcken übersät. Das Auto stieß immer wieder gegen den Grund und ließ einen Bruch befürchten. Hie und da gab es Büschel von Halfagras oder stacheligen Kräutern. Tief eingerissene Wadi kreuzten den Weg. Wir überholten Karawanen mit hunderten Kamelen. Drehten wir Steine um, so konnten wir darunter fingerlange Skorpione oder Skolopender auflesen. Tags darauf näherten wir uns den Schotts, Salzseen, so groß wie Oberösterreich, aber jetzt völlig ausgetrocknet. Das blendend weiße Salz glitzerte in der Sonne. Die Temperatur stieg auf 57 Grad; aber wir schwitzten nicht, denn jedes Schweißtröpfchen verdunstete augenblicklich in der trockenen Luft. Dann kam die Sandwüste. Wohl dreißig haushohe Dünen gelben Sandes verlegten uns den Weg. Wir mußten ausschaufeln, um den Autos den Weg zu bahnen. Der Himmel wurde grau, schwarz, ein Sandsturm erhob sich und blies uns 71 Grad Hitze ins Gesicht. In höchster Not konnten wir uns gerade noch in die schützende Oase Kebili retten, wo uns. die Araber und Neger freundlich aufnahmen und gaben, was sie hatten: Weintrauben, Palmwein, Datteln, schwarzen Kaffee und vor allem Wasser, Wasser! Ein mächtiger Bohrbrunnen spendete es im Überfluß, und gar bald saßen wir alle in dem Wasserbecken und badeten nach Herzenslust. Es war ein Volksfest voll übersprudelnder Heiterkeit unter Palmen, von Österreichern, Arabern und Negern gefeiert. Am anderen Tag ging es weiter durch die Wüste. In der Oase El Hamma sprudelt eine heiße Quelle von 43 Grad. Aber ihr Wasser erschien uns kühl. Wandernde Beduinen luden uns mit umständlichen Begrüßungen in ihr Lager ein und zeigten ihre Reichtümer: Kamele, edle Pferde, prachtvolle, silberstrotzende Kleider, Töpfe voll Getreide und öl. Alles erinnerte 39

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2