Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1977

Grün !! Hollnung Margar ete Grü nd/er Der Wald ist grün und die Wiese ist grün ; auch der Star ist grün, der sich über die Augen des Mannes legt und so kann er den grünen Wald und die grüne Wiese nicht sehen. Grün schafft eine beruhigende Kühle, die aus der Wärme geboren ist, Wärme aber ist Lie- ?e und Gr ün die Hoffnun g. Was war trüher da, das eine oder das andere? Weil aber die Liebe göt tlich ist, hat sie keinen Anfang und die Hoffnung, der geistige Urtrieb der Menschheit, war in ihr eingeschlossen, von Ewigkeit her bestimmt für ihr erstes Ersd1einen. Wo immer der Mensch von Gott und die Hoffnung von der Li ebe getrennt wird, ist Zerstörung am Werk. Der Mann, der im letzten Haus der Stadtrandsiedlung an der Waldwiese wohnt, sieht das Grün zwar nicht, doch er fühlt es. Menschen, die ein Gespür haben, sirud immer ausgewogen. Er geht mit seinem weißen Stock täglich zur Arbeit, er ist ein Pendler zwischen Licht und Schatten. Er weiß, ,daß er nie wieder sehen wird und doch läßt er sich von der Hofft1JUng tragen , daß all sein Beginnen und Tun nicht am Abgrund endet, sondern Brücke ist zum Leben. So nimmt er das Grün des Waldes und der Wiese hinein in den grauen Maschinensaal, wo das Tasten seiner Finger genau ausgerichtet ist auf das Obj ekt seiner Arbeit . Und weil dieses Grün aus der Wärme -kommt, spürt es seine Umgebung und jeder hat ihn gern, fühlt sich hingezogen zu dem Mann mit den besch,atteten Augen. Am Morgen erwarten sie ihn an der Kreuzung, führen ihn über die Straße und bringen ihn am Abend wieder do rthin zurück. Am Mittag sitzen sie zusammen in ,der Kant ine und wel1Jll es etwas Besonderes zu essen gibt, lassen sie ihn raten. Manchmal geht die Wette um eine Flasme Bier. Sie treiben keineswegs Spott mit ihm, im Gegenteil, sie machen das Spiel zu seiner und ihreT Freude. Menschen, die di e Hoff nung in sich tragen, ,die aus der Liebe geboren is t, si1J1d immer frohe Geber. Wenn der Mann abends nach Hause kommt, schlägt der Hund an, springt an ihm empor und legt den Kopf auf .seiüe Knie. Dann sitzen sie um ,den Tisch herum, sein Weib und seine Kinder. Er nimmt jedes ei nzeln vor, zuerst die Älteste, die Agnes; in der Schule hat es nichts gegeben und zu Haus der Mutter geholfen, brav! Der Jörgl ! Der Mann hat den bedeutsamen Blick ,der Mutter nicht sehen können, wohl aber ihr Seufzen gehört. Gerauft, Smulbuch zerfetzt, Strafnote bekommen. Der Vater denkt an die eigene Jugend und schweigt, das ist Strafe gen ug. Die Zwillinge aber können nur sagen: Vati lieb und ihre Händchen in die seinen legen. So verrollt die_knappe .Nbends tunde, die Kinder müssen zu Bett. Und du, Katharina, fragt eT dann. Ein Stück Ackerland ist der grünen Wiese abgerungen und die Kartoffeln in die braune Erde gelegt, sie wertden treiben und ihr Kraut wü,d grünen. Dann setzen sie Knollen an und die Kinder werden sich satt essen. Die Brett er für die Zeu,ghü tte sind bezahlt, es ging ganz knapp . Dann legte sie den Kopf auf des Mannes Schulter, sie will ihm etwas sagen. Zärtlim nimmt sie sei ne Ha nd und preßt sie auf ihren gewölb ten Lei•b. J1akob, es wird auch für d:as Fünfte reichen. Draußen v:ersi nkt der grüne Wald und die grüne Wiese in der Dämmerung. Aber grün bleibt die Hoffnung, die aus der Ue'be geboren ist. Geschäftsstelle Steyr 4400 Steyr Pachergasse 6 Tel. 44 72 3 5

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