Steyrer Kalender zur Unterhaltun·g itrgrrr Jtff trrr uor joif tr jof tf 11. Von Othmar Capellmann Steyr war und ist der Mittelpunkt der österreichischen Messererzeugung. In den größeren und kleineren Betrieben der Enns und Steyr entlang klopften viele Hämmer. In jedem Seitental, in jedem Graben und wo nur ein Bächlein rauschte, waren kleine Werkstätten mit rauchenden Essen und fleißigen Menschen. Die Männer arbeiteten in den Betrieben, Frauen und Kinder waren mit Heimarbeit beschäftigt. Schon im Mittelalter gingen Taschenfeitel und Maultrommeln aus dem Steyrtal in die weite Welt, bis tief ins Morgenland hinein. Alte Grabsteine um die Stadtpfarrkirche von Steyr tragen die Namen von Geschlechtern, die, einst von der Gegenreformation vertrieben, sich in Solingen (Rheinland) niederließen und den Weltruf dieser westdeutschen Eisenstadt begründen halfen. Frau Tilli Mitter, die -bekannte Steyrer Trachtenpuppen-Erzeugerin, hat neben vielen anderen sehenswerten Trachtenliguren auch eine hysterische Messerergruppe aus der Zopfzeit geschaffen und damit eine geschid1tliche Begebenheit künstlerisd1 festgehalten. Kaiser Josef II. - ein großer Förderer des heimischen Handwerks und Gewerbes - weilt um das Jahr 1780 in Steyr. Er kommt inkognito, als General gekleidet, und was ihn vor allem interessiert, ist das eisenverarbeitende Gewerbe. Natürlich gibt es eine große Aufregung bei den Messerern ! Man bereitet einen Aufmarsch vor, der dem ehrwürdigen Handwerk Ehre einlegen ,soll. Meister und Gesellen legen die schönsten Gewänder an und ziehen in die Sieminger Straße, wo in einem vornehmen Messererhaus der Empfang stattfinden soll. Aber nur eine Abordnung ausgewählter Zunftvertreter 2 erscheint vor dem Kais-er, und di ese· Gruppe hat Tilli Mitter mit feiner Einfühlung nachgebildet und in etwa 50 cm hohen Figuren verewigt. Die Messerergruppe, die erstmals auf der Eisen-Ausstellung im Landesmuseum Linz im Sommer 1949 zu sehen war, zeigt von links. nach redits folgende Gestalten: 1. Der Herr General (Kaiser Josef) grüßt freundlid1 den ilim nahenden Zug; 2. Der städtische Kommissar, dessen Aufgabe es ist, die Innung zu beaufsid1tigen, übernimmt die Vorstellung. Der Herr ist Offizier (seine Uniform ist in den Farben der Stadt grün-weiß gehalten); 3. und 4. Die zwei Irmungs- oder Fürmeister, der eine trägt ,den Polster mit den Innungszeichen, der zweite den reich in Silber getriebenen lnnungsbecher, der am Deckel die Figur des hl. Mauritius (der Schutzheilige der Messerer) aufweist. Der Originalbecher ist im Steyrer Museum zu sehen; 5. und 6. Zwei Messerergesellen mit dem lnnungswappen und dem lnnungshammer, der nur zu festlichen Anlässen hervorgeholt wird. (Original im Steyrer Museum). 7. und 8. Zwei stattliche Sd1wertfegermcister (,die Gestalt mit dem Vollbart trägt die Züge des berühmten Stahlschneiders Blümelhuber); 9 . und 10. Ohne Schliff kein Messer - und so folgen hier noch zwei Vertreter des Schleiferer-Gewerbes, Männer, deren Ahnen seit vielen Generationen dieses Handwerk ausübten. Alle am Aufmarsch Beteiligten freuen sich königlich, einen wirklichen Kaiser zu sehen, wenn .auch nur in Generalsuniform. Allzu rasch ist ,der Empfang beendet und hul,dvoll wird die Abordnung wieder entlassen. Unten in der Straße wartet noch geduldig der Zug der Messerer und eine große Menge Neugieriger, bis auch sie schließlich den 33
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