Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1974

KOVACIC Spezialgeschäft für Samen und Gewürze jlJ in dem ich abgestiegen war. Ich begegne auf dem Weg stadtwärts üher die Schlüsselhofgasse keinem Menschen. Dagegen gesellt sich -wieder die Erinnerung zu mir. Eine Erzählung meiner seit .Jahren verstorbenen Mutter, deren anheimelnder oberösterreichischer Dialekt mir noch im Ohr liegt, kommt mir in den Sinn. - Es m~ß gegen 1890 gewesen sein. Die Enns und die Steyr führten in jenem Frühjahr, wie •so oft, Hochiwasser. Die Großeltern, deren Heim nahe am Fluß lag, flüchteten aus dem bis zum Erdgeschoß bereits unter Wasser stehenden Haus zu den Verwandten, der Familie Blümelhuber, nach UnterhimmelChristkindl, dem Geburtsort des Meisters. - Michael, der damals noch an der nach einer Typhuserkrankung entstandenen Kiefersperre litt, die ihn am deutlichen Sprechen hinderte, sich jedoch bereits einen Namen durch seine kunsthandwerklichen Arbeiten gemacht hatte, sowie seine Mutter Susanne waren den in Hausnot geratenen Anverwandten großzügige Gastgeber . - Meine Mutter erzählte mir oft, wie sehr Michael sich in jenen Tagen bemühte, ihr, dem kleinen Mädchen, Geschichten zu erzählen, daß sie ihn aber kaum verstehen konnte. Eines Abends, als er sich wieder abmühte, dem kleiI1en Mädchen die Zeit mit Geschichtenerzählen zu vertreiben, gesellte sich seine Trösterin, seine Mutter Susanne, zu ihnen. ,. Michael ", sagte sie, ,. sei nicht traurig! Du wirst eines Tages geheilt werden und sprechen können, wie andere Leute! Verher nicht den Mut! Denn der Mut ist der Schlüssel zu vielen Dingen des Lebens! Und das Leben selbst ist wie ein Dom, aus des4400 STEYR ST A D T P L A T Z Hr. 25 neben Rathaus (Geschäft im Hof) sen bunten Glasfenstern Licht ausstrahlt und in dessen Inneres das Sonnenlicht Gottes fällt!" Meine Mutter hatte diese Szene aus ihren Kindertagen fest in der Erinnerung verankert und mir wiederiDie §teprer §taOtpfarrtird)e Josef Reisinger 0 , Steyrer Münster, hoch und mächtig entragest du der Eisenstadt, wie ist dein Anblick schön und prächtig, man sieht an dir sich niemals satt. Dein Bau strebt volle Fünf;ahrhundert erhaben wie ein Dom empor, Geschlechter haben ihn bewundert, die hier gewesen einst zuvor. Mit deinem tannenschlanken Turme ze igst du den Weg ins reine Licht zum Trotz der Zeit und manchem Sturme er,,t,tannst du uns an höh're Pflicht . Der spitzen Bogen Prachtgestalten sie weisen unser Herz hinauf, wie kindlich frommes Händefalten, so nimmt ihr Flehn zu Gott den Lauf. Manch Runenschrift hat eingeschrieben die Zeit in deinem grauen Stein, doch bist du immer ;ung geblieben, di e Gottesbraut so strahlend rein . Was tiefer Glaube unsrer Väter aus Stein geformt für alle Zeit, das bleibe dauernd, ;etzt und später, in Treue unserm Herrn geweint/ 57

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