„Heilkraut u. neue Frucht hilft uns zum Gesunden!" Von Prof. Franz V o g 1 Dieser alte K1äuterspruch ist in den Wochen, da nicht nur in Feld und Garten die Früchte geerntet werden, sondern auch die begehrten und seit altersher erprobten Heilkräuter gesammelt werden, so recht am Platz. Er erweist, daß schon in frühen Zeiten Pflanzen und Heilmittel in hohem Ansehen standen. Vor allem waren es Gewächse, die in der Nähe der menschliclien Siedlungen vorkommen, wie: Beifuß, BrennesseJ„ Gundermann, Schafgarbe, Schellkraut, Wegerich u. a. Im Mittelalter bewahrten die Mönche, von den Schriften antiker Arzte und Naturforscher angeregt, di e Kunde von den Heilkräutern und deren Anwendung für Mensch und Vieh. Sie hegten und betreuten die Pflanzen -i'n ihren Klostergärten . Dort fanden später mit dem sich weitenden und verdichtenden Verkehr Gewächse, die ihre Heimat in den Mittelmeerländern haben, ihre Pflegestätte. So etwa: Fenchel, Minze, Peter,silie und Salbei. Heilwirkung und fürsorgliche Anwendung all dieser Volksarzneimittel, die die Natur o.ft in überreichem Maße spendet und die in unserem fortschrittlichen Jahrhun:dert von der modernen Medimn immer mehr geschätzt und verwendet werden, fanden in den vom 15. bis in das 18. Jahrhundert gednickten Kräuterbüchern ihren Niederscnlag. Wohl eines der ältesten, in deutsd1er Sprache! verfaßtes, trägt den Titel „ Gart der Gesundheit " und erschien 148 5 in Mainz. Die beka=teste Schrift dieser Art ist zweifellos das von Bock im Jahre 1539 in Str-aßtburg erschienene Kräuterbuch. Aber auch in alten Wirtscha.ftsbiichern und Kale111dem firuden sich gar oft Angaben über volkstümliche Pflanzen , deren Zubereitung un:d Verwendung vo11 ungelenker Ha111d eingetragen, die der Schreiber für seinen eigenen Gebrauch oder für den seiner Kinder und Kindeskinder aufgezeichnet hat. Wenn man all diese Mittel miteinander vergleicht, kann man im allgemeinen zwei Gruppen von Heilkräutern untersd1eide11 urud zwar solche, deren Heilwirkung auf den in den Pflanzen vorhandenen Stoffen beruht und solche, deren Anwendung__ auf abergläubische Vorstellungen zurückgehen. Selbstverständlich gibt es auch Anwendungen, bei denen beide Formen, die natürliche und die abergläubische, mi tei naruder vereint sind. Diese Pflanzen und ihre Heilkräfte waren so offenbar, so daß sie schon frühzeitig in unseren Bauerngärtlein Einzug hielten und heute sind sie gern gebrauchte Mittel der Naturheilkunde. Bei vielen von ihnen schimmern noch immer uralte Vorstellungen und Anschauungen hindurch, die später zum Teil durch wissensdrnftliche Forsdmng ihre Klärung und sogar Rechtfertigung erfahren haben. Beliebt sind etwa: de r HoUlertee gegen Fieber, Johannislu-aut bei Viehkrankheiten, Kranawitte als sehr geschätztes Räucl1ermittel un.d zur Bewahrung vor Ansteckung, das Kudeikraut fürs Vieh, die Schafgarbe als ,. Bauchwebkraut" , die Gundl oder Wunderrebe, die den scharfen Säften im Kör - per zusetzt, bei Verletzungen und bei der Wundheilung in hohem Ansehen steht. Vom Hollunderbusch oder Hollerstrauch heißt es, er sei die lebendige Hausapotheke de:s Einödbauern. So legt man heute noch in manchen Gegenden die ze11drückten Blätter auf Schnittwunden. Dies weist deutlid1 auf die von der .Medizin so sehr gewertete Wirkung des Chlorophyls hin. Die Rinde, alles wird verwendet, und - wie es die Forsdmng nur zu oft bestätigt - es steckt dahinter mehr, als man ahnt . Recht wirksam erwe.isen sich die Blüten mtd die Beeren, heißt es dom vom „Hollundertee", daß er das Fieber vertreibt . Der Hollunder45
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2