IDer WrüQ~~~ml 1am ilpprian S{{Jöbrrl Eine Erzählung von Karl Springe11sdtmid Unten im Tal, als wir aus der Bahn st iegen und loszogen, blühten schon die Kirschbäume und die Bauernbuben liefen bloßfüssig hinter den jungen Lämmern über die grünen Wiesen, aber oben steckte noch a1les knietief im Winter, und als wir endlich, schon im sinkenden Abend zur kleinen Hütte kamen, schneite es und der Wirtschafter, der lange Zyprian Scböberl , stand noch heraußen im Schnee und schaufelte herum. ,,'Skifahrer", knurrte er, ,, allweil noch Skifahrer!" · Doch das war gewissermaßen seine private Ansicht. So~eicb besann er sich auf seine Verpflichtungen der Allgemeinheit ge.genüber, stieß die Schaufel in den Schnee, wischte die · Hand am Hosenbo-den ab und sagte: ,, Grüß God , die Herrschaften! Sind Sie wieder da? " Der Zyprian Schöberl sah aus, wie ein Winterbewirtschafte·r aussiebt, wenn rlcr Winter schon das siebente Monat dauert, nicht daß er einen Bart gehabt • hätte , so weit kam es bei ihm nje, auch wenn der Winter noch so lange dauerte, dod1 es waren immerhin bemerkenswerte ,A, nsätze zu einem Bart vorbanden. Abgesehen von seinem Äußeren , war er auch inwendig durch den langen , einsamen Winter etwas aus der Form gekommen, doch nur gezwungenermaßen; denn mit seinen kaum vierzig Jahren war er für eine Weltflucht noch zu gut i11 Saft. Er war nur etwas menschenscheu u1i.d geizig mit jedem Wort, das er zu uns sprechen. mußte. Doch wir hörten, wie er in der Küche nebenan die längste Zeit zu sieb selber sprach. Als wir im ,·0rigen Jahre bei ihm gewesen waren , h atte er nod1 ei nen Hund besessen „wegen der Ansprach" , doch heuer schien er eingesehen zu haben , daß er solcher Anregungen nicht mehr bedürfe, um sich eine abendliche Gesellschaft zu Yersd1affen: Er sprach mit sich selbst. Soweit war also alles in Ordnung. Wir wünschten uns gar nicht mehr und fühlten uns sehr wohl. Auch das Wetter klarte auf, so daß wir am nächsten Tage schon den Gamskogel angehen konnten. Als wir in der Dämmerung zur Hütte zurückkamen, riefen wir wie aus einem Munde: ,,Hunger, Zyprian, Hunger!" Jeder andere hätte sieb darüb er gefreut , der Zyprian Schöberl aber zog nur die Stirne in Falten und schaute u,ns bekümmert an: ,,Was tun wir denn da? " ,, Essen!" lachten wir, ,, essen! " „Ja , freilich ", meinte er und kratzte sich am Hinterkopf , ,,essen! " ,,Was i_st denn heroben, Zyprian? " ,, Heroben ist alles , aber ... ,,. ,, Na also! Dann Wiener Schnitzl. Zyprian, dreimal mit · Kartoffelsalat und .. ." ,, Wiener Sdmitzl ", würgte er fast erschrocken hervor, ,,na, da trau ich . nit drüber. Da miissen die HerrscbaJten schon warten, bis . .. ", er unterbrach sich ; es war, als müsse er uns ein Geständnis machen, das ihm sdlon lange im Hals gesteckt hatte; ,, bi~ . . . die Köchin kimmt. Sie muß jeden Tag kommen! Aber Nocken, wenn · die Herrsd,aften wollen ... " So wo1lten wir Nocken. Auch am näcbs ~en Abend wo1lten wir Nocken. Doch als er uns das drittemal Nocken brin'gen wollte; fragte ich, ob es außer Nocken sonst nod1 was gäbe. ,,Nöckelen halt!" Das waren gleicbfaJls Nocken, doch jedes Stück in der Mitte geteilt. So aßen wir Nöckelen! Im vorigen Jahr war das anders gewesen. Da hatte der Zyprian immerhin
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