Von Paul Weil Jeden Morgen nimmt Horst Knülle ein Bad. Er läßt das heiße Wasser brausend in die Wanne fließen, macht einige gymnastische Übungen und springt dann liinein. Gerade war Horst Knülle an ' jenem Morgen drinnen, als es läutete. Aha - die Post! Vorsichtig spähte Horst Knülle ins Treppenhaus. Niemand war n1 sehen. Da wagte er, wie ihn Gott geschaffen hatte, einen Schritt hinaus , öffnete den Briefkasten und nahm di e lange erwartete Post. Da fiel hinter ihm krachend die Tlir ins Schloß. Verdattert stand er da. Drinnen lief das heiße Wasser weriter in die Wanne, draußen stand er triefend naß, ohne etwas. Zuerst mußte das Wasser abgedreht werden, sonst war die ganze Wohnung überschwemmt. Aber - so wie er war, konnte er doch nicht beim Nachbarn läuten. Da sollte angeblich eine alte Dame wohnen, die er nicht kannte. Als das Wasser durch die Eingangstüre heraus lief, entschloß s,ich Knülle doch zu läuten. Vorher nahm er noch die staubige Kokos-Fußabstreifema.tte und verdeckte seine Blöße. Horst Knülle atmete tief und läutete. Eine würdige alte Dame öffnete. ., Rufen Sie einen Installateur, bitte, bei mir rinnt das Wasser! Bald wird der ganze Stock überschwemmt sein. Ich kann nicht hinein, die Tür fiel ins Schloß . Bitte, helfen Sie mir l" Die Nachbarin, die Horst Knülle noch nie gesehen hatte, auf keinen Fall aber so, schrie entsetzt auf. als sie ihn sah. Sie war unverheiratet und eine ehrenwerte Dame. Sie rief nicht einen Installateur, sondern die Polizei . Jedenfalls hatte sie vorher die Türe zugeworfen und Knülle EILE MIT WEILE Von Paul Weil „Ta xi!" rief Willibald, und mit !Heischenden Brer11sen hielt der Wagen an . Direkt vor dem Standesamt. Willibald winhte noch einmal seiner ;ungen Frau zu. Sie war gar nicht traurig, daß er sie so hurz nach der Trauung schon verließ. Es sollte ja nur für eine Stunde , für ein hnappes Stündchen sein, und dann ... „Fat,ren Sie schnell!" rief Willibald dem Chauffeur zu . Und der drücl?te aufs Gaspedal. Schon ein paar Minuten später verließ Willibald vor dem Banhhaus Eisenstein und Silberblick den Wagen. Frohen Mutes flitzte er die Treppen hoch. Dann stand er vor dem Direh10r. ,. Hier bin ic/1 , der Mann den Sie suchen!" ,. Wieso?" ,. Sie suchen doch einen tüchtigen Buchhalter, Anfang der Dreißiger , verheiratet. 'So stand es in der Zeitung!" „ Verheiratet?" fragte der Direhtor. ,.Das 111uß ein Irrtu111 sein, ein Druckfehler wahrscheinlich. Wir suchen einen unverheirateten Buchhalter!" Da erbleichte Willibald bis unter die Haarsvitzen . Mühsam hielt er sich aH1 Schreibtisch fest. „ Was sagen Sie? Ein Druckfehler? Und wegen dieses Druckfehlers /,,abe ich heute morgen ge/,,eiratet!" (ici) 56
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