Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1969

im Laufe der Zeit diese Zuneigung nicht geblieben, denn erstens hatte der Bertl seinen Posten in der Feme aufgegeben und war zu den Holzknechten eingestanden, um in der Nähe der heimlich Geliebten bleiben zu können. Und zweitens war es halt auch nicht ganz verborgen geblieben, daß die jungen Leutchen so gern ihre gegenseitige Nähe suchten. Eifersucht sieht scharf und es gab gar manchen, der auf den Bertl eine „Stinkwut" hatte. So fehlte es auch nicht an Stänkereien dem Rudlbauer gegenüber. Knapp vor dem Sylvesterabend nun, von dem die Rede ist, da gestand der Bertl seinem Annerl, daß er sich ein Leben ohne sie gar nimmer vorstellen konnte, und da war ihm das Dirndl schluchzend um den Hals gefallen und hatte iihm in den- Rockkragen h'inein das Geständnis geflüstert, daß es auch ihr nicht besser gehe. „Woaßt was, Annerl", hatte der Bertl einen Vorschlag gemacht, .. so gehts net weida bei ins zwoa, i moa, es is am g'scheitem, du redst z'erst amol mit da Muatta, wos sie moant, und i 1cimm z'Sylvester dann za enk und machs mitn Vattern aus. Mehr wia außischmeißn kann a mi net! " Ein wenig bänglich war wohl den beiden zumute bei ihrem Vorhaben. Ganz einverstanden war ja auch die Rudlbäu - erin nicht mit der Wahl ihrer Tochter, aber sie hatte Verständnis für die Not ihres Kill'des, ,de1i111 eins,tem hatte auch sie der Bauer vom Fleck weg geheiratet,_obwohl sie nur ein Dienstbot' ' war. Letz,ten Endes war ja der Bertl nicht das 'Schlimmste, was so an einem Schwiegersohn ins Haus kommen konnte . Lustig war er und brav dabei, das mußte man i~m lassen. Seit dem Winter spielte er auch in der The-atergruppe des Dorfes mit und da hat ihn die Bäuerin schon manchmal spielen gesehen und herzlich über ihn gdacht . Na, sie würde es schon sehen, wi~ sich ihr Alter zu der Sache stellte, ein gutes Wort konnte sie noch immer für die Jungen einlegen . Ein wenig sollte sich nur der Bertl selber um da~ Dirndl plagen, das war es wert. Eine reichlich lustige Gesellschaft saß s d1011 um den großen Tisch des Rudi - 93ummerlhaus Wohlgeformte Giebelhäuser reichen sich die Hand zum Tanz um den Brunnen auf dem Stadtplatz, wie ein bunter Blumenkranz. Selbstgefällig stellt sich jedes Haus in seinem Schmuck zur Schau, nur das Eine blieb bis heute unverändert schlicht und grau. Trotzdem übertrifft es seine Schwestern weit an Ruhm und Glanz. Erst dem Kenner zeigt es schüchtern seine herbe Schönheit ganz. Wiedertäufer und Waldenser weilten heimlich hier zu Gast, bis sie auf dem Scheiterhaufen endlich fanden Ruh und Rast . Meistersinger trugen ihren Wettstreit hier mit Vo·rlieb aus, und das „Bummerl" auf dem Sch,ilde gab den Namen diesem Haus. Doch wenn jetzt der Mond in hellen Nächten auf den Stadtplatz schaut, sind die Lieder längst verklungen und verstummt der Gei_gen Laut . . . Franz Josef K a es d o r f bauern und auf den Bänken an der Wand, als noch ein Gast zur Tür hereinkam. Ein bissel blaß war der Bert! schon, der für diesen Abend so ein großes Vorhaben im Busen trug. Schnell war er zuerst noch in der Küche gewesen, um die Stimmung ein bisserl zu sondieren. Mit der Mutter sei alles in Ordnung, flüsterte das Mädchen dem Bertl zu, aber beim Vater sollte er noch etwas warten, bis dieser ziemlich gut „aufgelegt" wäre. Also mischte sich der Bursch recht unbefangen tuend unter die lärmende Sylvestergesellschaft. Reihum gab er jedem der Leute die Hand, wie es der Brauch ist, zuerst natürlich dem Vater des Hauses . Alle Ehre wurde dem wunderbaren ,, Schweinsbratl" angetan und nicht min - der den riesigen Semmelknödeln und den 39

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