Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1968

Ludwig J/2 f ..:;)iffermann Zimmerei - Säge und Hobelwerk - Bautischlerei Steyr, 00. Eisenstraße 21 Telefon 3219 sie allein mit ihrer Angst ... ein verlassenes Wesen im Nebel. bis ich ihre zitternde Hand ertastete und in die meine nahm. Tränen rollen über mein feuchtes Gesicht bei dieser Erinnerung. Verklungen ist die liebe Stimme und keine Hand ergreift die meine mehr. Nur zögernd kehren die Gedanken zurück zur Gegenwart. Autos suchen mit huschenden gelben Lichtern die Straße ab mit den Sirenen brüllend. Sie gleichen irgendwie ängstlichen Tieren, die sich verlaufen haben. Hier offenbart sich deutlich die Machtlosigkeit des menschlichen Wollens gegenüber der Natur. Künstlichen Nebel kann der Mensch erzeugen, aber mit dem wirklichen, echten wird er kaum fertig. Alte Weiblein und gebeugte Männer tappen sich vorsichtig an Mauern und Zäunen entlang, dem morgendlichen Ziele der Kirche zu. Schon ruft die Glocke laut und hallend. Ihre schwingenden Töne gleiten hinaus aus dem unsichtbaren Turm in den kochenden Nebel. wie die Stimme einer besorgten Mutter, die ihre Kinder zu sich ruft in die Geborg-enheit des Hauses. In der Ödnis eines solchen Nebelmorgens fällt es schwer, daran zu glauben, daß in den feuchten Gärten bunte Blumen $tehen, die nur auf die Sonne warten, um sich in voller Schönheit zu entfalten. Nur g-ilbendes Laub erfaßt der Sinn in dieser Stunde. Von ferne hört man junge Hähnchen krähn. Ganz spitz und schrill sind diese Schreie und doch so ganz erfüllt von sieghafter Freude an ihrer jungen Männlichkeit. Förmlich sehen kann man die 70 nebelnassen Tierchen, wie sie einherstolzieren, ein wenig steifbeinig und grotesk, mit jähem Ruck die Federn sträubend um sich das Naß vom Körper zu schütteln. Wie kurz wird wohl ihr Leben sein, das sie so freudig jeden Morgen neu begrüßen? Ganz eigenartig aber und vom Alltag weit entfernt sind die Gedanken, die uns am Flußrand überfallen. Tief hat sich der Nebel herabgesenkt über das Wasser, das nur leise und verhalten rauscht. Sonst sind die Ufer streng gezeichnet, doch liegt ein Nebelmeer darüber, dann wird er selbst zum weiten Meer der altveirtraute, nun so fremd gewordene Fluß. So kennen wir ihn nicht, so ohne Ufer und Be·grenzung, und unsre Phantasie versetzt uns jäh in nie geschaute ferne Länder. Dann fängt man an zu denken, wie es wohl wäre, wenn er nimmer wiche, dieser dicke Nebel. der so lastend über der Landschaft liegt. Zuerst würde man nur schimpfen iiber den üblen Gesellen und immer wieder hoffnungsfroh den Blick nach oben zur fernen, unsichtbaren Sonne richten. Dann aber käme bald die rasende unstillbare Sehnsucht, einmal wieder das liebe Bild der Stadt zu schauen. ihr Mosaik der Farben, ihre schönen Kirchen, die umgrenzenden Berge und das Leben und Treiben auf den Straßen, Brücken und Plätzen. Wie plötzlich fast Erblindete, so würden die Menschen umhergehen, mit trüben nach innen gekehrten Blicken, ohne richtige Freude und Lust. Nur ins Gigantische steigen. Alles Leben würde langsam zur Qual werden, grau und verlassen lägen die alten Höfe, ohne dem herzerfrischenden

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