Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1967

führte. Und so entstand die schöne Rundkapelle mit ihren sieben Rundfen- ~tern, dem Kuppeldach mit Türmlein und Kreuz. Den Eingang verschließt ein hohes in Strahlenform ausgeführtes schmiedeeisernes Gitter. Die Kapelle steht nun rechts der Straße, die wegen des Wasserstaues der Enns um zwei Meter höher gelegt werden mußte. Die Kapelle ist nicht nur ein Ersatz für die alte Kapelle, sondern sie ist auch eine Gedenkstätte; das kündet uns die Inschrift einer Steintafel in der Kapelle: ,.Dem Gedenken der beim Bau und im Betriebe tödlich Verung:liickten gewidmet. Ennskraftwerke 1956". Auf dem Altartisch, erhöht durch einen Terrakotta-Aufsatz, steht die schier überlebensgroße, gekrönte und anmutige Statue der hl. Barbara . Mit der Linken hält sie das Schwert, in der rechten erhobenen Hand den Kelch mit der Hostie. Zu Füßen steht rechts von ihr der Turm, ihr Attribut, und links ein Wolkengebilde, über das die goldig strahlende Sonne sich erhebt. Sowohl die- Statue der hl. Barbara als auch ihre Attribute bestehen aus gebranntem Ton. Angefertigt mit kunstgeübter Hand hat die den Beschauer ansµred1enden Gebilde die akademische Bildhauerin Fräulein Anneliese Lofert, eine Steyrer Künstlerin. die derzeit Leiterin der Keramikabteilung in der Kunstgewerbeschule Graz ist . Die neue Dürnbach-Kapelle steht in guter Hut des Herrn Job. Großdeßner, insgemein Haselmayr, Bauemgutsbesitzer, der sich bereit erklärt hat, in Zukunft für die Erhaltung der Kapelle aufzukommen. Das Hausbesitzerehepaar Franz und Maria Stummer, die auch den Grund beigestellt haben, betreuen die Kapelle. Herr Stummer läutet jeden Tag die Glocke in der Kapeile, die aber aus einem sonderbaren Grunde längere Zeit nicht geläutet werden konnte. An einem Abend des Jahres 1965 erlebte Herr Stununer, als er wie gewöhnlich die Glocke in der Kapelle läutete, eine große Überraschung. Bedächtig zog er am Glockenstrang, die Glocke bimmelte. Da kamen plötzlich, aufgescheucht durch das Läuten, Hornissen aus dem Glockenstrangloch geflogen. 64 Erst waren es nur wenige, dann kamen immer mehr, bis es viele waren, die summend, wild und aufgeregt in der Kapelle herumsurrten. Angriffslustig umkreisten diese stachelbewehrten, gefährlichen Tiere den Glöckner. Wenn, wie die Leute sagen, neun Hornissen ein Roß und drei dieser stechenden Tiere einen Menschen umbringen können , so ist es leicht beg-reiflich, daß der Läuter der Glocke schleunigst aus dem Gefahre nbereid1 der Hornissen herauszukommen trachtete. Hornissen, die von den Leuten auch ,.Hurnausse" genannt werden, hausen gewöhnlich in alten, hohlen Bäumen, wo sie ihre Nester anleg-en. Eines Tages kamen Hornissen von irgendwoher, Unterschlupf suchend, zur neL;en Kapelle in Dürnbach und nahmen sonderbarerweise Besitz vom Glockensh1hl im Turmgehäuse, wo sie ihr Nest bauten. Durch das Läuten aufg-escheucht und in ihrer Arbeit gestört, verteidigten sie mit vereinten Kräften wütend ihr merkwürdiges Quartie-r. Die neue Kapelle in Dürnbad1 ha t, was die alte Kapelle nicht hatte, nämlich eine Glocke. Wallfah rtskapelle, wie es die alte Kapelle war, ist die neue nicht. Statt der bl. Maria ist jetzt die hl. Barbara mit ihrem Attribut, dem Turm, Patronin der neuen Dürnbacher Kapelle am langen, krummen, tiefblauen ,, Rosenauer See". 'ßet .Sdiwähet Der Maler Spitzweg wurde in seinem Atelier von einem sehr sdtwatzhaften Freund besudtt. Er arbeitete aber ruhig weiter an einem seiner idvllisdten Kleinstadtmotive. Der Freund indessen redete ununterbrodten, bis er sidt sdtließlidt zu der Frage herbeiließ: ,, Nidtt wahr, idt langweile didt?" „Oh, nidtt dodt! Idt höre ;a gar nidtt zu !" antwortete Spitzweg.

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