AM RANDE DES LEBENS Da ist alles nach innen gewendet, bei diesem heiligen Hieronymus des späten Dürer; da gibt es kein „Drau¬ ßen“ mehr, worin er lebt, keine Weli, der er sich mitteilt oder entzieht. Er ist ganz und gar inwendig, diese uralte Mann mit den rieselnden Bart¬ ocken, die wie die versickernden Ströme des Lebens ins Unendliche zer¬ fließen. Nun ist er dem Ende und der Vollendung seiner geistigen Ziele ganz nahe geruckt. Es lbedarf nicht mehr Ein¬ des „Gehäuses, der Zelle des ihn siedlers, darin, der Welt entrückt, ge¬ der Meister Dürer einst in Holz schnitten und in Kupfer gestochenhat. Rem¬ Wie in den späten Bildnissen brandts ist der Körper nunmehr eine notwendige Kammer, in der Geist und Seele der Erlösung entgegenharren. Wie sehr ist doch dieser Greis Hie¬ ronymus fast schon Ruhe, Metapher einer rein geistigen Wirklichkeit ge¬ worden! Dennoch wie deutlich haf — sein irdisches Dasein Spuren zurückge¬ lassen auf dem Antlitz des Mannes das keine Zeit, kaum noch den Raum, in dem er, das Ende erwartend, still verweilt, zu erkennen scheint. So hat der große Dürer den mönchischen Kir¬ chenvater und Bibelübersetzer nach seiner Reise in die Niederlande, 1521, sieben Jahre vor seinem eigenen Tode, gesehen: eine Landschaft, die das Le¬ ben in Askese und Einsamkeit gezeich¬ net, ein Gebirge von Runzeln und Falten („Die allerkleinsten Dinglein sollen wohlgeschickt und auf das best und allerreinst und fleissigst gemacht werden und die allerkleinsten Rünzlein und Ertlein nit ausgelassen werden“ Gewesenes, Uberwundenes verber¬ gend, das Gesicht kaum noch ein Antlitz, wäre nicht die kräftige, plumpe Nase. Klar und sachlich grenzt nach oben der feste Rand der Kappe die Vielzahl der waagrechten Linien ab, aufrecht und hart stützt die Hand das Haupt. Ihr sauberer Strich steht sicher gegen die Horizontale der Stirn. Hier bäumt sich ein letzter Wille auf, viel¬ leicht am Werk eines Mannes entzün¬ det, den Menschen ans irdische zu bin¬ den. Doch ist’s nur ein Schweben im Diesseits noch, ein kurzes Verweilen. Rampenlicht Im Theater an der Wien wurde im Jahre 1839 eine Zauberposse aufgeführt die den Titel trug: „Der Zauberer Sul¬ phurelectrimagneticophosphoratus und die Fee Walburgiblocksbergiseptentrio nalis, oder: Des ungerathenen Herrn Sohnes Leben, Thaten und Meinungen wie auch dessen Bestrafung in der Skla verei und was sich alldort ferners mit ihm begab. X Wie aus einem Theaterzettel aus dem Jahre 1791 hervorgeht, pflegten die Da men damals im Theater zu schnupfen. Neben der Ankündigung der ersten Auf¬ führung von „Cosi fan tutte, Singspiel von Herrn Hofkapellmeister Mozart, ent¬ hält der Zettel die Mitteilung, daß eine im goldene Frauenzimmertabakdose Theater in Verlust geraten und gegen gute Recompense bei der Theatralischen Kasse abzugeben sei. * Freiherr von Hasger, der zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts Präsident der Wiener Zensurhofstelle war, änderte oft in kleinlicher Weise die Texte der eingereichten Theaterstücke um, denn er war — wie er gern betonte — ein Feind von Zweideutigkeiten. Als es einmal in einem Stück hieß: „Sie besitzt einen weißen üppigen Busen“ änderte er es eigenhändig um in: „Sie ist vorn sehr schön gebaut! * Das Kostüm der Opernsänger und -sängerinnen blieb lange Zeit hindurch ohne jeden Bezug auf die dargestellte Figur und Rolle. So trug z. B. noch im Jahre 1875 der Sänger des Herkules in Glucks Oper „Alcoste eine Atlashose mit Stahlknöpfen und Brillanten, Schu¬ he mit roten Absätzen, eine Lockenpe¬ rücke mit zwei Knoten, dazu einen ge¬ fiederten Helm, Löwenhaut und Keule. Alcoste ihrerseits erschien mit gepuder¬ tem Toupet und mächtigem Chignon. 61
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