Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1966

Zusammenhang mit der Figuration der Spitalskirche (und jedenfalls der der Seitenschiffe des Chores der Stadtpfarrkirche) dürfte jene des Langhaus¬ gewölbes in Rems aufweisen. Das Remser Gewölbe wurde nach 1500 statt einer früheren Flachdecke eingebaut. Die Langhausmauern sind hier noch romanisch. An Stelle der gewundenen Rippen der Spitalskirche finden wir hier schon ein Rippenrechteck in den Jochmitten, wie es so typisch ist für die Steyrer Bauhütte. Das Gewölbe in Rems ist reicher ausgeschmückt und im Detail durch komplizier¬ teres Rippenprofil und angedeutete Verstäbungen lebhafter als jenes der Spitals¬ kirche. So ist die Remser Figuration in Nachfolge der beiden Steyrer Figuratio¬ nen entstanden, die sie ornamental ausschmückt, in logischer Weise die gewundenen Rippen aufgebend. Das Gewölbe der Orgelempore in der Pfarrkirche von Wart¬ berg ob der Aist hat ein ähnliches Schema wie das Gewölbe der Steyrer Spitals¬ kirche, nur ist es hier einfacher. 1508 wurde die Kirche in Wartberg ob der Aist geweiht. 26) Den Raumeindruck, den dieses Steyrer Gotteshaus vermittelte, können wir kaum nachempfinden; alles zusammen war es eine eher schlicht gehaltene Kirche von eltener Konzeption. Schon vor 1546 wurden an der Kirche Veränderungen vorgenommen. Hanuß Schmidhucker, Ratsbürger, Eisenhändler und langjähriger Spitalmeister, hat „bey gedachtem Spital, den armen Leuten auf viel weg nuetzlich gewirthschafftet, des Spitals jaehrliche Einkuenffte und Ertragniß in eine feine richtige Ordnung ge¬ bracht; .. . Das Spital und die Kirchen renovirt, und die Messinge Taffel, zur Gedächtnis der Koenigin Elisabeth Stifftung üeber dem Eingang aufsetzen lassen:. ..“27) Im Zuge der schon um 1525 eingedrungenen Reformation hat man damals wohl Anderungen in der Inneneinrichtung im protestantischen Sinne vor¬ genommen und jene „Teutschen Reimen“ angebracht. Unter der Spitalskirche befand sich eine Weinstube, und schon Preuenhueber freute sich über die Rarität, die Steyr aufzuweisen habe, nämlich eine „Kirchen 28) üeber einem Wirths=Hauß“. 1784 war die Jesuitenkirche, welche seit dem 17. Jahrhundert die Spitals¬ kirche entbehrlich gemacht hatte, in eine Vorstadtpfarrkirche umgewandelt worden.29 Nachdem die Spitalskirche lange Zeit den Protestanten gedient hatte, wurde sie 1632 von den Jesuiten übernommen, die hier am 3.11. 1632 ihren ersten Gottes¬ dienst hielten.30) 1785 wurde die Spitalskirche nach Um= und Einbauten ihrer neuen Bestimmung als Vorstadtpfarrhof übergeben.s1) Im selben Jahr wurden zwei Decken eingezogen, die gotischen Fenster vermauerte man; von der Brücke her sind ihre ungefähren Konturen noch erkenntlich. Flußseitig beließ man die Strebe¬ pfeiler, an der Nordwand befinden sich keine. Sinn dieses Aufsatzes soll es gewesen sein, auf eine bisher allzu unbeachtete gotische Kirche aufmerksam gemacht zu haben, die doch baulich fast vollständig erhalten ist und in der Kirchengeschichte der Stadt eine noch nicht sehr beachtete Rolle gespielt hat. 26) Ulm a. a. O. 271 Preuenhueber a. a. O. p. 264. 28) Preuenhueber a. a. O. p. 41 29) Ofner, Eisenstadt a. a. O. p. 114. 30) Pritz a. a. O. p. 23. 7 31) Pritz, Franz Xaver: Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebung, Linz 1837, p. 350. 96

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