erst erbaut worden. die Bruderhauskirche wird erst 1511—1522 errichtet; somit ist gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein dringendes Bedürfnis nach neuem Kirchen¬ raum in der Stadt, die damals etwa 5000 bis 6000 Seelen zählen mochte Preuenhuebers Angabe über den Spitalskirchenbau von 1305 darf nicht als Hinweis gelten, wann die Spitalskirche in ihrer heutigen Gestalt erbaut wurde Sie entstammt nämlich der spätesten Gotik, einer Periode außerordentlicher Blüte — und einer Zeit, da es um Steyr wirtschaftlich gar nicht des Kirchenbauens besonders gut bestellt war! Die Notiz, Hans Fuchsberger habe 1494 „eine zweite Kapelle für das Spital erbaut",16) wirft neues Licht auf die Frage der Entstehungszeit unserer Spitals¬ kirche und man geht kaum fehl in der Annahme, diese Angabe könne sich nur auf es die heutige Spitalskirche beziehen. Aber noch stört das Wörtchen „zweite“ — hätten also zwei Kapellen nebeneinander bestanden, und wir können uns dies nicht recht vorstellen, wo da neben der heutigen Spitalskirche noch Platz sein solle für einen zweiten (älteren) Sakralraum. Man ist anfänglich geneigt, anzunehmen, das Wort „zweite Kapelle“ solle heißen „neue Kapelle statt der alten“. Es kristallisiert sich nun als mögliche Lösung des Problems dies heraus: Die heutige Spitalskirche vielleicht flachgedeckter ist eine zweite Kirche. Die heutige Eingangshalle war ein oder mit einem Altar¬ einfacher Kultraum; vielleicht ohne abgesonderten Altarraum Kirchen des Waldvier¬ raum im anschließenden Ostturm etwa nach der Art einfacher tels, bei denen der Kultraum sich in einem Ostturm befindet. Nach Errichtung der heutigen Kirche ab 1494 wurde diese Kapelle aufgelassen und später, wahrscheinlich unter Hans Schmiedhucker, in der einfachen, an die Romanik erinnernden Renais¬ sancemanier umgebaut. Die schon auf „um 1500“ bzw. „nach 1494“ festgesetzte Erbauungszeit der Spitalskirche wurde auch durch Sichtung neuer Archivalien und durch die Auffin¬ dung neuen Materials zur Baugeschichte nicht umgestoßen. 1502 wurde eine in¬ teressante Urkunde ausgestellt. Bürgermeister, Richter und Rat von Steyr baten „alle und jegliche Prälaten, Grafen, Burggrafen, Pfleger, Bürgermeister, Richter Räte und Amtsleute, denen der Brief gezeigt wird“, den Stephan Schaurn „in ihren Gebieten, Städten, Märkten, Dörfern und Häusern“ Ablässe verkaufen zu lassen. Das Gotteshaus des Spitals, das zu Ehren der hl. Elisabeth, Leopold und Florian geweiht ist, hat an Büchern, Kelchen, Meßgewändern und anderem nötigen Ornat und baulich viele Mängel!!7) Auch die Pfleglinge konnten kaum ausreichend versorgt werden. 1517 — 1519 wurde ein Sakramentshäuschen in der Kirche erbaut. Vorher war ein solches auf Grund der Rechte des Gotteshauses gar nicht vonnöten!!8) Es ist sehr wohl denkbar, daß die Kirche 1502 noch nicht vollendet war, oder aber im Rohbau dastand, also noch „viele Mängel“ an ihr hafteten. Andererseits scheint sie 1517 fertig zu sein; der Bau des Sakraments¬ häuschens geschah nicht im Zuge des Kirchenbaues, sondern auf Grund einer Er¬ weiterung der Befugnisse des Gotteshauses.19) Als vorläufiges, wahrscheinliches Ergebnis dürfen wir demnach festhalten: Die 1305 geweihte Kirche besteht noch heute; sie wurde nach Fertigstellung der spätgotischen, nach 1494 erbauten Kirche profaniert. Aber auch die 1305 „erbaute“ Kirche war nicht von Grund auf neu errich¬ tet worden. Die Anlage dieser Kirche gehörte einer doch schon romanischen Anlage an. Ein Kirchenbau von 1305 hätte jedenfalls schon gotisch ausgesehen und in unseren Baukomplex seine Spuren hinterlassen. 16) Eder a. a. O. p. ,133. 17) Stadtarchiv Steyr, K. III L. 20 Nr. 59. Frl. F. Bodingbauer bin ich für den Hinweis auf diese und die folgende Urkunde zu Dank verpflichtet! 18 Stadtarchiv Steyr, K. III L. 20 Nr. 84. 19) Mitteilung Frl. F. Bodingbauer. 93
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