Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1965

Dr. Josef Ofner Kunstchronik der Stadt Steyr (Architektur, Bildhauerei und Malerei) Wie die Überschrift andeutet, handelt es sich bei dieser Arbeit keineswegs um eine Kunstgeschichte der Eisenstadt. Eine solche zu schreiben, ist die Aufgabe des Kunsthistorikers. Hier geht es vielmehr darum, die zahlreichen, vorwiegend in den Archivalien des Steyrer Stadtarchivs und in der einschlägigen Literatur vorhan¬ denen Notizen, die ich in jahrelanger Sucharbeit gesammelt habe, in chronologi¬ scher Zusammenfassung für eine künftige Kunsttopographie der Stadt Steyr bereit¬ zustellen. Das Hauptgewicht wurde demnach nicht auf die kunsthistorische Wertung sondern auf die Erforschung der rein geschichtlichen, die städtischen Kunstdenkmäler betreffenden Daten gelegt. Auf eine Vollständigkeit derselben kann kein Anspruch erhoben werden, da in der Hauptsache nur das Stadtarchiv benützt werden konnte. Bei Durchsicht der bisher zur Kunstgeschichte der Eisenstadt veröffentlichten Aufsätze fällt auf, daß nur in ganz wenigen Fällen die städtischen Quellen aus¬ gewertet wurden. Die mühevolle Archivarbeit aber hätte sich gelohnt. Das zu¬ sammengetragene Material besitzt natürlich größtenteils nur lokale Bedeutung, es zeigt aber auch, daß Steyr schon am Ausgang des Mittelalters im Kunstschaffen des Alpenvorlandes westlich und östlich der Enns eine beachtenswerte Rolle spielte. Die romanische Zeit Der romanische Stil beherrschte das Kunstschaffen des Abendlandes in der Zeit von 1000 bis um 1270. In dieser Epoche konnte Österreich unter der Herr¬ chaft der Babenberger (976 — 1246) erstmalig seine Macht selbständig entfal¬ ten. So wurde die nach der Lechfeldschlacht (955) errichtete Markgrafschaft im Osten („Ostarichi") 1156 zum Herzogtum erhoben und 1192 durch die Anglie¬ derung der Steiermark gewaltig vergrößert. Parallel mit dem politischen Aufstieg vollzog sich in unserer Heimat die Ent¬ wicklung der bildenden Künste, deren Wurzeln zurückgreifen in das Keltisch=Ro¬ manische, in das Bayrische und Slawische. Wenn in Österreich, im Herzland Europas am Schnittpunkt wichtiger Verkehrswege, fremde Kräfte aus Süd und West das bodenständige Kunstschaffen schon in der Zeit der Romanik beeinflußten, so darf uns das nicht überraschen.!) In die Babenbergerzeit fallen auch die Anfänge der Stadt Steyr. Aus die¬ sen Jahrhunderten stammen die ersten Nachrichten über die Styraburg und über Siedlung am Fuße des Burgfelsens, aus der sich unsere Stadt entwickelte. die Die erste Erwähnung der Styraburg findet sich im ältesten Traditionsbuch des Hochstiftes Passau, das über die Synoden des Bischofes Pilgrim berichtet. Nach der Niederlage der Ungarn bei Augsburg suchte Pilgrim die alten kirchlichen Zehentrechte auf den Synoden zu Mistelbach bei Wels, zu Lorch und Mautern wieder zu ordnen. Im Bericht über die Mistelbacher Versammlung, die nach 1) R. K. Donin, Die romanische Baukunst in Österreich. Festschrift Richard Kurt —Ders., Romanische Portale in Niederösterreich. Donin (1951), S. 99—126. Institutes d. k.k. Zentralkommission f. Denkmalpflege. Jahrbuch d. Kunsthistor. Bd. IX (1915), S. 10 f. 81

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