Erst im April 1645 scheint man in Steyr den Eindruck gehabt zu haben, daß sich die „Feindtsgefahr etwas nachet"!) daß also die Stadt in Gefahr stand, in die unmittelbaren Kriegsereignisse einbezogen zu werden. Da im ganzen Lande ein Aufgebot für Wehrfähige angeordnet wurde, verlangten die Stände im Juni vom Magistrate nicht nur die Stellung des 20. Mannes und eine gewisse Menge Mehl sondern auch von jedem Haus einen Taler.*) Die alten Befestigungsanlagen am Tabor und auf den Anhöhen um die Stadt mußten instandgesetzt oder wieder¬ hergestellt werden. Der militärische Befehlshaber des Landes, Erzherzog Wilhelm, kam in die Stadt und unterzog die Anlagen einer Besichtigung. Schon im Februar des gleichen Jahres war beschlossen worden, fünf Regimenter zum Schutze, „aber auch zur Plage der Bewohner“, wie Pritz schreibt, in das Land ob der Enns zu verlegen;e) Steyr war als Standort für das Regiment Colloredo vorgesehen.? Kurz nach seinem Amtsantritte beschäftigte sich Bürgermeister Achtmarkt mit dem brennenden Probleme der städtischen Schulden. Da fast keine Barmittel in den Magistratskassen vorhanden waren, empfahl er in der Sitzung vom 8. Februar 1642, wegen des zu Ende gehenden Moratoriums für die städtischen Schulden den Stadtschreiber Vogt von Vogtberg und den Ratsherrn Zacharias Prenner zum kaiserlichen Hofe nach Wien zu entsenden, um dort eine Verlängerung zu erwir¬ ken.??) Dieser erste Versuch eine Zahlungserstreckung für die Stadtschulden herbei¬ 1. zuführen, scheint fehlgegangen zu sein. Einer neuen Abordnung, bestehend aus dem Stadtschreiber und dem Ratsherrn Johann Egger, war endlich Erfolg beschieden, als sie am 20. Oktober 1643 nach Wien reiste. In der Ratssitzung am 12. Dezem¬ ber berichteten die beiden über den Ausgang ihrer Mission. Es gelang, am kaiser¬ lichen Hofe nicht nur ein weiteres auf drei Jahre befristetes Moratorium, sondern noch zusätzlich eine Mautbefreiung für Steyrer Waren, die Mauthausen passierten. zu erlangen. Schließlich konnten die geschickten Unterhändler noch erwirken, daß ein Ansuchen des Steinbacher Messererhandwerkes, den Handel mit Venediger Wa¬ ren und mit Waren, deren Handel privilegierten Städten und Märkten vorbehal¬ ten war, betreiben zu dürfen, abgelehnt wurde. Damit hatten sich die Steyrer einer möglichen Konkurrenz entledigt. Der Hofkanzler, wie auch der geheime Sekretär des Kaisers, Johann Michael von Schlerzi, und der Kanzler des niederösterrei¬ chischen Regiments 2) Carl Perger, verlangten für ihre Bemühungen in den von den Steyrer Abgesandten vorgebrachten Angelegenheiten „Verehrungen“. Da sich in den Stadtkassen jedoch kein bares Geld befand, wollten sich die Genannten mit Waren zufrieden geben. Bürgermeister Achtmarkt sollte ihnen „so Zeitlichen als Immer möglich“, Hufnägel, Hufeisen, eiserne Reifen und andere „Eisenzeugs¬ sorten“ nach und nach übersenden lassen. Die vielen leeren Häuser in Steyr, für die niemand Steuern zahlte, berei¬ teten der Stadtverwaltung besondere Sorgen. Im Februar 1642 schlug daher der Bürgermeister vor, mit Emigranten und Ausländern, die in Steyr unbewohnte Häuser besaßen, in Verbindung zu treten und sie zu ermahnen, die ausständigen Abgaben zu entrichten. Widrigenfalls sähe sich die Stadt genötigt, die Häuser zu verkaufen. Dieser Vorschlag wurde im Rat mit Beifall aufgenommen, die Rats¬ mitglieder verlangten noch zusätzlich, daß man vermögende Bürger der Stadt auf¬ fordere, solche Häuser zu erwerben.?“ Fast bei jeder Ratssitzung mußte auch über Forderungen und Klagen von Gläubigern verhandelt werden. Da jedoch die Mittel fehlten, war man gezwun¬ die Gläubiger nahezu ausnahmslos zu vertrösten.*) Einen umfassenden Be¬ gen, 18 RP 1645, 77. 19 99. RP1645, c) 20 RP1645, LV 1, 292. 32; 21) 1645, RP 65. 47, 22) RP 1642,24. 23 RP 1643, 218. 24 RP1642,33. 25) RP1642—1645. 76
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