Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1965

V 011 Peter Storn1 Der Kaufma~111 Müller fuhr gescJtäftlidi von Hamburg nadi New Yorli. Als er zum ersten Mal im Speisesaal saß, komplimentierte der Steward einen Italiener an seinen Tisdi. Der Mann verneigte sidi grüßend, sagte ,permesso' und 11ahm Platz . Herr Müller , der ebenso wenig italienisdi spradi wie der Italiener deutsch , glaubte,' der Mitpassagier hätte sich ihm vorgestellt, spra11g auf u11d rief: ,, Angenehm, Müller! " Am nädtsten Mittag erschien der Italiener wieder etwas später, verbeugte sich und sagte: ,,Permesso". Der DeutscJte erhob sich erstau11t u11d stellte sich nochmals vor: ,, Angenehm, Müller! " Da11n setzten sich · beide lächel11d. Der Vorgang wiederholte sich bei jeder Mahlzeit. Herr Müller nahm an , es wäre in Italien Brauch, daß Tischnachbarn bei jeder neuen Begeg11ung eina11der ihre Namen 11annten. Bis einmal der Obersteward Zeuge einer solchen Begrüßung wurde und nachher dem Kaufmann dishet erklärte, ,permesso' hieße auf deutsch ,Erlaubnis' , also soviel wie ,Gestatten?' Herr Müller dankte für die Auskunft und bescJtloß, den liebenswürdigen Italien er durch Anwendung des eben erworbenen Sprachschatzes zu erfreuen. Er erschien daher absichtlich später als sonst beim Abendessen, ging zum Tisch , an dem sein Mitpassagier schon aß, verneigte sich vor ihm und fragte: ,, Permesso?" Worauf der Italiener aufsprang und beglückt rief: ,, Angenehm, Müller!'' (ici ) Das Teufelsgold Es lebte einmal ein armer Mensch, der hatte die Hütte voll Kinder, a'ber Schulden hatte er noch viel mehr . Der Arme rackerte sich den ganzen Tag ab, damit er seine große Familie ernähren konnte; schon vor Morgengrauen mußte er aufstehen, und spät abends kehrte er totmüde n.ach Hause zurück. Eines Abends vor dem Schlafengehen drängte es ihn, noch ei nmal aus dem Fenster zu schauen - und da sieht er auf dem Felde, wo er am Tage das Getreide gemäht hatte, ein blaues Flämmchen. Doch es erlosch bald. ,,Dort ist ein Schatz begraben!" dachte er bei sich. Am nächsten Morgen nahm er eine Hacke und ging auf das Feld, den Schatz zu suchen. Kaum hatte er ein wenig gegraben, vernahm er ein feines Klingen. Er war mit der Hacke an einen kupfernen Kessel gestoßen - und dieser war bis an den Rand mit Goldstücken gefüllt. ,, Lieber Gott, hilf mir! " seufzte er. a ls er den Kessel umklammerte und ihn nicht zu heben vermochte. Er versuchte es auf verschiedene Art und Weise, aiber es gelang ihm weder so noch so . Als ob der Kessel mit der Erde verwachsen sei! ,,Ach, das soll doch der Teufel holen!" erzürnte sich schließlich der Arme. Und seht! Kaum hatte er das gesagt, barst etwas unter dem Kessel, und er ließ sich leicht herausheben, wobei die Goldstücke nach allen Seiten kollerten. Hinter dem Kessel kroch der Teufel aus der Erde. ,,Du hast mich gerufen, hier bin ich! " sagte er zu dem zu Tode erschrockenen Armen. ,,Zwar habe ich dich nicht gerufen" , erwiderte der Bauer, ,,aber ich danke dir trotzdem, daß du mir den Kessel hast heben helfen." Und er kümmerte sich nicht weiter um den Teufel, bückte sich nach den verstreut umherliegenden Goldmünzen und stopfte sich alle Taschen voll, 67

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