Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1965

Pacher, ab. Um 143 5 im Pustertal geboren, übernahm der Maler und Bildhauer Michael Wesentliches aus der tirolischen Kunst, vereinigte die Art flandrischer Feinmalerei mit Einflüssen des Italieners Mategna, dessen Einheit von Körper und Raum ihn stark inspirierte. Raumtiefe, durch freihalten der Bildmitte, zeigen manche der Flügelbilder von St. Wolfgang am eindrucksvollsten wohl die Darstellung der Auferweckung des Lazarus. Die beiden Wächter Georg und Florian, im Zusammenhang mit dem ganzen Werk betrachtet, wirken zierlich und klein und sind !bei geschlossenen Altarflüge-In zu sehen . Bescheiden halten sie sich zurück, gedämpft in Ausdruck und Gebärde wie die äußeren Altarbilder auch, damit um · so herrlicher und strahlender, wenn der Altar sich öffnet, die Geschichte des Herrn in glühenden Farben erzählt werden kann, das Loblied auf die Gottesmutter Maria erklingt, deren Krönung der Schrein vor unseren Augen enthüllt und zugleich in mystischer Verzückung dem Irdischen in geheimnisvolle Räume entrückt. ' Das Altarwerk des Meisters, der den berühmten Kefennarktaltar entscheidend beeinflußte, ist seine umfangreichste wie vollkommenste Schöpfung. Es entstand im Auftrage des Abtes Benedikt von Mondsee und wurde 1481 vollendet, 17 Jahre vor dem Tod seines Meisters . ,,Merkel, kommen Sie mal an die Tafel !" Von Hanke Bruns „Merkel, kommen Sie mal an die Tafel! " Der blasse Jüngling mit den zurückgekämmten dunklen Haaren und ·,den unruhigen Augen in dem schmalen Gesicht schrak jedesmal zusammen, wenn Dr. Velten ihn anrief. Er wußte schon, daß er die Probe an der Wandtafel doch nicht bestand. Merkel war erst vov einigen Monaten zu uns ge- 'kommen. Er brachte von der Schule seiner Vaterstadt sehr lobende Zeugnisse mit. Auch in der Mathematik wurden ihm besondere Leistungen. bezeugt. Dr. Velten wunderte sich darüber. In seiner boshaften, harten Art sprach er auch mehr als nötig aus, was er von di esen Zeugnissen hielt. Es handelte sich ja um eine Kleinstadtschule. Wie Merkel diesen Mathematiklehrer haßte! Er zückte sein gefürchtetes grüt1es Büchlein, noch bevor der Schüler die Wandtafel -erreicht hatte, nahm den Stift in die Hand und postierte sich hinter seinem 'Üpfer auf... Na, Merkel , Sie können es wohl wieder nicht?" fragte er dann lau- ,ernd. .,Nichts zu Hause . getan?" „Doch!" - ,,Na, dann zögern Sie nicht so lange. Wir vertrödeln so die Zeit!" Ehe Merkel dann begonnen hatte, ver - wirrte ihn der Lehrer bereits durch seine bissigen Bemerkungen. Das Resultat seiner Bemühungen war dann auch meist kläglich. Er stotterte sich die unmöglichsten Dinge zurecht. Der Mathematiker kommentierte es zynisch und meinte notierend am Ende: ,, Ungenügend! Was wollen Sie überhaupt bei uns? " erkundigte er sich mehrfach bei Merkel. .. Lernen!" erwiderte der verbi ssen. Der Haß leuchtete ihm aus den Augen. Er konnte sich nur mühsam beherrschen. Seine Hände zitterten. So preßte er sie gegen die Tischkante. ,. Sie sind ein hof{nungsloser Fall! Ich würde a11 Ihrer SteUe abgehen. Lernen Sie einen Beruf, ein Handwerk meinetwegen. Ist ja ganz gleichgültig, was Sie treiben. Aber hier haben Sie nichts verloren! " Es verging selten ein Tag, an dem Merkel das nicht zu hören bekam. In den anderen Fäd1em ging es leidlich, in einigen sogar recht gut und besser mit Merkel. Seltsam! Zu Hause konnte Merkel die Aufga'ben redmen! Er zeigte sie mir manchmal sogar. Auch in seinem Heft in der Schule waren die Lösungen richtig. Hatte ich alle Lösungen richtig und Merkel aud1 in einer Klas63

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