(I, 190). Als die Werkstätte gestürmt und zerstört wird, ist Händel nicht darum leid, sondern um die „Bliembelhuberische Kunst, die viele Zeit, die er auf die Prachtknäufe gewandt; wo er unsern Hahnen (das Wappen der Händel) so fein hinein hohl= und hintergeschnitten“ (II, 127), und er ist froh, daß das Volk ihm wenigstens den Bliembelhuber nicht erschlagen hat (II, 186f.). Nachdem Heinrich Händel die Stephana erdolcht hat, nimmt sich Luz, der den Dolch findet, vor, „ihn sogleich dem Bliembelhuber zu zeigen, der alle Waffen in Steyr kannte, denn die meisten kamen zum Schleifen, Putzen und Polieren in seine Hand“ (III, 520), und er will dort bestimmen lassen, von welchem Waffenschmied er sei und wer ihn in Steyr könnte getragen haben (III, 527). Bliembelhuber erkennt auch sofort die Herkunft der Waffe und weiß, daß nur ein Herr in Steyr einen solchen Dolch besitzt (III, 587). Auch das bekannte Hallersche Haus, des Lebzelters und Wachsziehers Haller am Platz beim roten Brunnen wird erwähnt (II, 101). So setzt Handel=Mazzetti Bekannten ihrer Zeit in ihren Büchern Denkmäler, wobei sie aber auch über Steyr hinausgreift. Denn der treue Freund Heinrich Händels, der ihm schließlich die Schmach der Hinrichtung erspart, indem er ihm eine Kugel in den Kopf jagt, dieser Rudolf Stiftegger ist Hans Stiftegger, eigentlich Hans Brecka, ein gebürtiger Wiener,) der als Schriftsteller und Redakteur der „Reichspost“ sich unter dem Decknamen Stiftegger, den er aus dem Namen seiner Lieblingsdichter Stifter und Rosegger bildete, bekannt gemacht hatte und der eine der ersten Monographien über die Handel=Mazzetti (1923) geschrieben hat.“) Im übrigen hat auf die Ermordung Stephanas ein Mord abgefärbt, der in einem Gasthaus „Zur neuen Welt“ damals an einem Mädchen begangen wurde (1909). Ermordung der Kellnerin Maria Keßler in der Schwimmschulstraße durch ihren Liebhaber Karl Mayer, vgl. Heimat meiner Kunst S. 17 und R. Henz bei P. Siebertz S. 133. Zur Erzielung des Lokalkolorits wird natürlich auch noch die Mundart verwendet, oder besser gesagt: mundartlicher Einschlag. Denn Handel=Mazzetti bemüht sich wohl, die Sprache vergangener Zeiten wiederzugeben, sie tat das oft nur durch die archaisierende Schreibung bei Bewahrung neuen Lautstandes, aber sie trachtete auch, manchmal den alten Lautstand zu erfassen und wiederzugeben. H. Grau“) hat auf die Eigenart dieser Bemühungen hingewiesen, die keine strenge Gesetzmäßigkeit, sondern anpassende Sprachformung mit oft intuitiver Sicherheit erreichen. Die Dichterin selber stammte ja aus einer mundartfremden und =fernen Welt. Sie sprach kaum Mundart und belauschte darum die Leute, wo sie es vermochte, ja sie notierte sich manche derbe volkstümliche Wendung, und wenn sie nicht verstanden hatte, scheute sie sich nicht, zu fragen, was manche peinlich¬ komische Situation ergab. Man wird ihre Bücher nicht zu mundartlichen Studien gebrauchen dürfen, denn auf genaue Wiedergabe kam es ihr ja auch gar nicht an. Aber die Färbung der Sprache, besonders bei den Vertretern unterer Volksschichten, diente ebenso wie die Ortsbezeichnungen, die Namengebung und die Einbettung des Geschehens in den Raum zur Verlebendigung, was alles man mit dem Schlag¬ wort „Naturalismus“ oder „Heimatkunst“ nur notdürftig charakterisieren kann, weil gerade die Darstellung selber sich immer in Extremen bewegt, fortissimo oder Flötensäuseln, alles erhöht und überhöht wird, ja alles immer in Gefühlsaufruhr, in Extase versetzt ist, wie das Eigenart des Barock war, dessen Zeitspanne nicht zufällig auch die Geschichtsepoche von Handel=Mazzettis Romanen geworden ist. 42) Nagl, Zeidler, Castle, Deutsch=österr. Literaturgeschichte, III, 1495, 1630. 43) Vgl. Siebertz P., E. Handel=Mazzettis Persönlichkeit und Künstler=Werkstatt in: Siebertz P., E. v. Handel=Mazzettis Persönlichkeit, Werk und Bedeutung, Mün¬ chen 1930, S. 38; St. Schw. II, 34, 363; III, 100, 247, 298, 343, 346 ff., 438 f., 563 ff., 566 ff., 573, 581, 595, 603, 615, 626, 640, 642 ff., 657 f. 44) E. v. Handel=Mazzetti, Festschrift zur 75=Jahr=Feier, Linz 1946, S. 137ff.: Herbert Grau, Die Mundartelemente in E. v. Handel=Mazzettis „Armer Margaret“. 96
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