Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

Die privilegierte Plattnerwerkstätte des Bürgermeisters Johann Egger von Marbach Die Plattner erzeugten vorwiegend Harnische,) aber auch Morions, Schützen= und Sturmhauben.*) Bekanntlich befanden sich die berühmtesten Platt¬ nerwerkstätten in Augsburg, Nürnberg und Innsbruck.“) In Steyr ist dieses Handwerk seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar. In einer Urkunde der Benedik¬ tinerabtei Kremsmünster vom 22. Juli 1367 wird ein Steyrer Harnischmacher als Zeuge angeführt.“) Bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges arbeitete in der Stadt gewöhn¬ lich nur ein Meister. In den Vierzigerjahren des 17. Jahrhunderts, als Johann Egger v. Marbach eine eigene Plattnerwerkstätte errichtete, war in Steyr der Meister Hans Hörburger tätig. Er stammte aus einer bekannten Inns¬ brucker Plattnerfamilie. In der Zeit von 1628 bis 1642 arbeitete er in Inns¬ bruck.*) Dann errichtete er in Wien eine Werkstätte. Aus unbekannten Gründen wurde er von den Wiener Meistern gescholten.“) Vermutlich begab er sich deshalb um 1646 nach Steyr.4 Der Gewerke Johann Egger gehörte zu den reichsten Bürgern der Stadt Steyr. Schon im Jahre 1623 war ihm ein Wappen verliehen worden. Fünf Jahre später kaufte er das Messinghüttwerk in Reichraming“) und erwarb 1631 vom Burg¬ grafen Johann Maximilian Freiherrn v. Lamberg den Grundbesitz Marbach im Gemeindegebiet Großraming, wo er auch das Hammerwerk in der Ascha betrieb. Am 25. August 1635 erhielt Egger das Prädikat „von Marbach“ zuerkannt.“) In 5 Steyr betätigte er sich im Eisenhandel. Nach dem Steuerbuch aus dem Jahre 1635 besaß er das Gasthaus zum „Goldenen Hirschen“ (Stadtplatz Nr. 14)*) und das „Haus in Ennsdorf an der oberen Zeil, das Werfferische Haus daran, item Haus und Garten daselbst, similiter die Aignerische Grundstück, item den Topfenhof samt Gründen und Eberhardische Drahtziehen und Garten im Aichet.“ Egger v. Marbach war Ratsbürger und bekleidete durch mehrere Jahre die höchsten Stadtämter, von 1637 bis 1640 war er Stadtrichter, von 1646 bis 1651 33) Die Harnische (Fußknecht=, Reiter=, Trab=, Trabanten=, Feld=, Turnier= und Ro߬ harnische, leichte und schwere Reiterkürasse) wurden aus einem besonderen Blech („Harnischblech“) geformt, die einzelnen Harnischteile von den Polierern blank poliert. O. Schwarz, a. a. O., S. 26. 39) Der Morion, ein hutförmiger Helm mit Kamm und Krempe, wurde aus einem — Stück Harnischblech getrieben. O. Schwarz, a. a. O., S. 29. Innsbrucker Plattnerkunst. Ausstellungskatalog (1954), S. 44. 40 Die Schützenhaube ist gleichfalls hutförmig gestaltet, zeigt aber eine gespitzte Glocke; die Sturmhaube ist ähnlich geformt. O. Schwarz, a. a. O., S. 17. —Innsbrucker Plattnerkunst, a. a. O., S. 45, 88. 41 O. D. Potthoff, Kulturgeschichte des deutschen Handwerks (1938), S. 151. 42) Ludwig Bittner, Das Eisenwesen in Innerberg=Eisenerzbis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625. Archiv f. österreichische Geschichte (1901), Bd. 89, 2. Hälfte, S. 557. 43) Innsbrucker Plattnerkunst, a. a. O., S. 30. 44) Stgpr. 1653, Handschrift Nr. 197. 45) RP 1646, 46. 46) Josef Aschauer, Das Messingwerk Reichraming. O.=O. Heimatblätter, Ig. 7 (1953), Heft 3/4, S. 315. 47) Anton v. Pantz, Die Gewerken im Bannkreise des steirischen Erzberges. Jahrbuch der k.k. Heraldischen Gesellschaft „Adler“. Neue Folge, Bd. XXVII u. XXVIII (1917/18), S. 35 f. 48 J. Krenn, Häuserchronik, Diss., a. a. O., Nr. 72. 49) Steuerbuch 1635, Handschrift Nr. 113, S. 20 f. 85

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2