Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

fangs den Befehl des Statthalters wegen des Kirchen= und Gottesdienstbesuches in Erinnerung. Anschließend gab Bürgermeister Mayr über den „Zustand und Verlauf des Eisenwesens“ und die Tätigkeit der derzeit in Eisenerz weilenden kaiserlichen Kommission einen ausführlichen Bericht. Er forderte nunmehr die Anwesenden auf, daß „Jedweder sein kathegorische erklärung thun solle“ ob er der Ansicht sei, daß die Eisenhandelsgesellschaft das „Innerbergische Eisenwesen“ erhalten solle und könne. Es sei dabei auch zu be¬ denken, welche Sicherheiten man für die Gesellschaft in Vorschlag bringen müsse. Die Anwesenden erwiderten darauf, daß sie vernommen hätten „dieses werk könne einmal bei dieser so schweren Zeit vd (und) großen geldmangel nit mehr Her¬ gehalten vd verlegt“ werden. Da sie aber auch gehört hatten, man wolle aus den bisherigen drei Gliedern des Eisenwesens (Radmeister, Hammermeister, Verlag einen einheitlichen Körper („gesomptes corpus“) schaffen, seien sie der Meinung, daß dies ein „Hochnützliches werkh“ sei, um allen künftigen Ungelegenheiten vor¬ zubeugen. An der in Aussicht genommenen neuen Organisationsform könnte sich dann auch die Stadt beteiligen. Der einstimmige Beschluß der Sitzungsteilnehmer lautete, daß man an der Eisenhandelsgesellschaft, also am Verlage, nicht inter¬ essiert sei. Dies sei den jetzt in Eisenerz befindlichen Abgesandten der Stadt mit¬ zuteilen, damit es diese wieder den „kaiserlichen Kommissaren“ „gehorsamblich zu verstehen geben.“ Anschließend erboten sich die Teilnehmer an der Sitzung ihr „bestes zu thun.“ Das Geld für die Schuld an die Radmeister sollte aufgebracht werden. Bürgermeister Mayr wurde ersucht, nach Eisenerz zu reisen, um dort über die gefaßten Beschlüsse zu berichten. Dagegen erhob der Bürgermeister Einspruch. Um eventuellen späteren Nachreden irgendwelcher Art vorzubeugen, verlangte er, daß ihn bei Besprechung dieser „hochwichtigen Angelegenheit“ noch vier Ratsmitglieder nach Eisenerz begleiten sollten. Hierzu gaben die Räte ihre Ein¬ willigung.“) Mit dem Beschlusse, die Eisenhandelsgesellschaft aufzugeben, begab sich die Stadt alter Privilegien des Verlages. Insgesamt tagte eine große kaiserliche Kommission vier Monate in Eisen¬ erz. Über Machtspruch des Kaisers kam es dann soweit, daß die „Innerberger Hauptgewerkschaft der Stahl= und Eisenhandlung in Österreich und Steiermark“ gegründet wurde.*) Ihre Statuten wurden als sogenannte „Hauptkapitulation über das neue Haupteisengewerkschafts= und Compagniewösen“ am 20. Oktober 1625 veröffentlicht. Dieser Gründung waren auch noch im Steyrer Stadtrate ein¬ gehende Besprechungen vorangegangen. In einer von diesen hatte der Stadtan¬ walt Praunfalk, in Gegenwart der Radmeister und Hammerherren aus Eisenerz, die ebenfalls anwesenden bürgerlichen Handelsleute aus Steyr aufgefordert, der neuen Gesellschaft „zu einem guten glücklichen eingang mit einer erga¬ * * * * * * bigen Summe geldts biß In 30.000 entgegen zu gehen ond zu Hilf zu kommen.“ Hierauf wurde eine Liste aufgelegt, in die jeder Bürger und Handelsmann ein¬ tragen sollte, was er bis Michaeli „herschießen“ wolle.*) Wohl ergaben sich durch den Zusammenschluß Rationalisierungsmöglichkei¬ ten,doch die Innerberger Hauptgewerkschaft hatte schon anfangs kein ausreichen¬ desBetriebskapital. Steyr konnte trotz aller Bemühungen nicht in erforderlichem Maße mit Geld beispringen, da die Stadt selbst unter fast unerträglichem Geld¬ mangel litt und an sie immer wieder neue Forderungen gestellt wurden. Es mu߬ ten daher vom Magistrate neue Schulden bei den Eisenhändlern gemacht werden. 60)RP 1625, 180. 61) LV 2, 21. 62) RP 1625, 181, 182, 189. Erwähnt sei hier, daß der erste Steuerkataster in Ober¬ österreich, das „Gültbuch“. 1526 angelegt wurde. 74

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