Sie forderten die Stadt auf, Vorsorge zu treffen, damit genügend Brot, Fleisch und Wein vorhanden wäre. Über Befehl des Rates, der deshalb zu einer Sitzung zusammengetreten war, hob nun ein großes Backen und Schlachten in der Stadt an. „Auch denen Wierthen wurden die Wein visitieret.“ Am 31. Mai um 6 Uhr abends trafen die Bauern mit 20 Kanonen in Steyr ein. Die „fürnehmsten“ Füh¬ rer wurden in der Stadt einquartiert, die übrigen Bauern errichteten auf dem Felde beim Taborfriedhof ein Lager. Aus abgebrochenen Zäunen und Stroh das sie von Bauernhöfen holten, bauten sie Hütten „in so schöner Ordnung, als wenn es ein rechtes Kriegsheer gewesen wäre.“ Im Gefolge der Bauern befand sich eine Wahrsagerin, die ihnen „viel seltsame Sachen vorgesagt". Ihr Feld¬ schreiber war ein Steyrer namens Kainast. Als in der Folge der Vormarsch der Bauern ins Stocken geriet, war auch die Einigkeit unter den Bauern getrübt. Als am 2. August Bauern aus fünf Pfarren bei Kremsmünster nichts mehr mit den Aufständischen zu tun haben wollten, unternahmen 2000 Bauern aus der Weiberau im Hausruckviertel einen Rachezug. Sie trieben aus diesen Ortschaften alles Vieh weg, plünderten die Häuser und brannten die Pfarrhöfe in Viechtwang und Pettenbach nieder. Durch Trommler und Pfeifer und die Viertelmeister wurden am Pfingst¬ montag, den 1. Juni, die Steyrer vor dem Rathause versammelt. Hier nahm ihnen der Feldschreiber der Bauern im Namen des Oberhauptmannes Fadinger und der gesamten Bauernschaft den Treueid ab. Mit „aufreckung zweier Finger hatten sie zu geloben, für die Bauernschaft Leib, Leben, Gut und Blut einsetzen zu wollen. Einige katholische Bürger, unter ihnen das Ratsmitglied Zetl, gin¬ gen an diesem Tage „fruh auf die Seithen“ um nicht den Treueid schwören zu müssen.*) Auf die Anzeige von Bürgern hin wurde das Tor des Bummerlhauses auf¬ gebrochen, in dessen „hintern Saal“ die seinerzeit beschlagnahmten Bücher lagen. Diese wurden unter dem Jubel der Protestanten hervorgeholt. Da aber bei die¬ sem Anlasse im Hause auch geplündert wurde, ließ es Madlseder wieder ver¬ sperren und das Tor versiegeln. Eigentümer des Hauses in dieser Zeit war der geflüchtete Stadtrichter Frizler. Am 5. Juni wurde neuerlich die ganze Bürgerschaft versammelt. Unter Vor¬ sitz Fadingers wurde den Bürgern in Gegenwart des Rates der durch zehn Bauern erweitert war, mitgeteilt, daß der Oberhauptmann entschlossen sei, nach Linz weiterzuziehen. Es wurde verlangt, daß auch 200 Steyrer mit ihm kommen sollten. Noch am selben Tage brach die „Armada“ nach Linz auf. In Steyr ver¬ blieben unter Befehl des Gastwirtes und Bauernhauptmannes Neumüller aus Laakirchen 400 Bauern aus dieser Pfarre als Besatzung zurück. In der folgenden Zeit wurde mehrfach von kaiserlichen Kommissaren und Ständen versucht, mit den Bauern zu einer Übereinkunft zu gelangen, aber den vergeblich. Am 28. Juni wurde Fadinger vor Linz, das von den Bauern umzingest war, schwer verwundet. Noch am selben Tage hatte er jedoch zugestimmt, daß in Steyr verhandelt würde. Die Verhandlungen fanden tatsächlich am 2. Juli 610 statt, fuhrten jedoch zu keinem Ergebnis, da die Bauern auf ihren alten For¬ derungen, vor allem die Religionsfreiheit, bestanden und überdies die Auslie¬ ferung des Statthalters Herberstorf verlangten. Diesen nannten sie „den Spieß in ihren Augen, ihren Leib= und Seelenfeind“ Als Fadinger am 7. Juli 1626 seinen Verletzungen erlegen war, trat eine Wendung im Verhalten der Bauern ein. Nicht zuletzt war daran die Kunde vom Heranrücken kaiserlicher Soldaten schuld. Die Bauern waren nun geneigt, einen 37) LV 6, 48 ff. 66
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