Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

reformation zu suchen waren. Zum Ausbruch trug auch die Ermutigung durch fremde Mächte bei. Aus Böhmen kamen Waffen und Pulver ins Land, dänische und andere Gesandte erschienen und versprachen auswärtige Hilfe.so) Dem Bauernführer Stefan Fadinger gelang es anfänglich in raschem Sie¬ geszuge mehrere Orte zu erobern und den Statthalter mit seinen eiligst zusam¬ mengerafften Truppen am 20. Mai bei Peuerbach eine vernichtende Niederlage beizubringen. In Steyr langten zwei Befehle Herberstorfs ein, in denen die Stadt 731 aufgefordert wurde, wegen des „rebellischen“ Bauernaufstandes, die „gült Pferd in Bereitschaft zu halten, Kundschafter zu bestellen und andere „Vorsehungen zu treffen. Steuerschreiber Abele erhielt den Auftrag, sich um die Beschaffenheit und Ausstattung der verlangten Pferde zu kümmern, während dem Stadtkäm¬ merer Himmelperger aufgetragen wurde, die „Wacht“ auf dem Tabor und bei der Stadtpfarrkirche mit „tauglich vertrauten (vertrauenswürdigen) Leüthen“ zu besetzen. Den Viertelmeistern wurde angeordnet, bei den Toren und in den Gas¬ sen herumzugehen und achtzugeben, daß nichts „Verdächtiges“ vorfalle. Auch hat¬ ten sie zu sorgen, daß in allen Häusern Wasser auf die Dachböden gebracht werde. Bürgermeister Mayr selbst wollte die übrigen notwendigen „fürsehungen“ treffen, auch anordnen „was vom Tabor“ (beim Anrücken der Bauern) für ein „loß Zei¬ chen“ (Losungszeichen) gegeben werden sollte.*) Am 25. Mai, als die Bauern vor Kremsmünster standen, berichtete Stadt¬ schreiber Sonnenwald, daß „... wegen der Rebellischen Paurn Hirherkunfft ond der den Catholischen von ihnen angethanen Vuthaten.... Bürgermeister Mayr. Stadtrichter Frizler und er die „Ambter verloßen müeßen“ um sich in Sicherheit zu bringen.ss) Außer ihnen flüchteten auch die Geistlichen, Mönche, Beamte des Schlosses und ein Teil der katholischen Bürger aus der Stadt.s) Das Bürger¬ meisteramt wurde interimistisch mit dem ehemaligen Bürgermeister Joachim Händl und das Stadtrichteramt mit dem Stadtkämmerer Hanns Himmelperger besetzt. Die wichtige Informationsquelle der Ratsprotokolle schweigt nun für eine Zeit. Darüber äußerte sich der Stadtschreiber: „... waß nun seit der Paurn occupation dieser Statt für Rohtschlüß beschehen ist mihr Stattschreiber nit fürkommen.“ In Steyr lagen in dieser Zeit nur 100 Soldaten, diese wollten sich mit ihren Kanonen im Schlosse verteidigen. Die anderen Truppen waren zur Be¬ kämpfung des Bauernheeres abgezogen worden.ss) Doch auch die verbliebenen Soldaten erhielten schließlich vom Statthalter den Befehl, sich nach Enns zu begeben und marschierten am 27. Mai dorthin ab. In dieser prekären Lage wurde am 28. Mai „mit anbrechendem Tage“ Rat gehalten, an dem auch die noch in der Stadt weilenden sieben katholischen Mitglieder teilnahmen. Es wurde über ein vom Bauernausschuß eingelangtes Schreiben des Inhaltes „ob ein ehrsamer Rath die Stadt willig . .. will aufgeben, sich der gesamten Baurschaft willig unterthänig machen, oder ob sich die Stadt gegen ihnen wehrn wollen,“ bera¬ ten. Da Steyr von Militär, Gewehren und Pulver entblößt war, stimmte der Rat zur Gänze für die Übergabe. In dieser Sitzung hatte Wolfgang Madlseder, der den Bauern wohlgeneigt war, „alles Regiment und Gewalt unternommen“, also 30) LV 2, 257. 31) Steyr war landesfürstliches Kammergut. Als solches hatte die Stadt, über Aus¬ jeweiligen Landesoberhauptes, eine Anzahl ausgerüsteter Pserde forderung des zu stellen. 32) RP 1626, 43. 33) RP 1626, 45. 34) LV 6, 45. 35) LV 6, 44. 64

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