sie niemand verlassen konnte. Der Inhalt dieses schicksalsschweren Patentes be¬ sagte, daß alle Bewohner, die sich bis Ostern 1626 nicht zum katholischen Glau¬ ben bekehrt hätten, auswandern müßten.!) Prediger und evangelische Lehrer, die sich noch im Lande befänden, sollten dieses sofort verlassen. Kinder von Stey¬ rern dürften nicht mehr im protestantischen Auslande studieren.!) Den Zünften wurde aufgetragen, für das Fronleichnamsfest Fahnen anfertigen zu lassen und es wurde allen Bürgern eingeschärft, fleißig den katholischen Gottesdienst zu be¬ suchen und die gebotenen Fasttage zu halten. Auch alle lutherischen Beamten hät¬ ten entfernt zu werden, protestantische Bücher wären auszuliefern und dürften nicht mehr verkauft werden. Stadtschreiber Sonnenwald verfertigte am 30. Oktober 1625 einen Bericht an die Reformationskommissäre, in dem er über den Widerstand der Steyrer be¬ richtete.*) Diese seien verstockt und nur wenige hätten bisher den Weg in den Schoß der katholischen Kirche gefunden. Ein Ratsprotokoll sagt darüber aus, daß es bis zum 5. März 1626 nur 28 Bürger waren.?) Der Einfluß der wenigen Katholiken sei gering, berichtete der Stadtschreiber weiter, und die Obrigkeit habe mit der Durchführung der kaiserlichen Erlässe große Schwierigkeiten. Er fragte auch an, ob es erlaubt sei, „wegen der größeren Autorität“, bei den Amtshand¬ lungen Militär zu verwenden. Am Ende berichtete Sonnenwald, daß Valentin Preuenhuber“) gesagt habe, er lasse sich nichts verbieten. Diese Worte aus dem Munde einer so bekannten Persönlichkeit müßten bestraft werden, um andere Bür¬ ger abzuschrecken. In den ersten Jännertagen 1626 wurden die noch vorhandenen Fahnen, die „zur Zeit der Rebellion“ verwendet worden waren, konfisziert. Schlagartig er¬ folgte am 9. Jänner durchvier Kommissionen eine Durchsuchung der Häuser nach protestantischen Büchern. Es konnten über 20 Wagenladungen gefunden und be¬ schlagnahmt werden. Diese, sowie die Fahnen, sollten nach Linz geliefert werden, sie wurden aber vorläufig im Stadtrichterhause verwahrt. Pritz berichtet, daß die Protestanten erklärten, „es wäre ihnen lieber, wenn man ihnen die Seele aus dem Leibe risse, als daß man die Bücher wegnehme.") Besonders die Frauen waren über die Konfiskation empört und erhoben beim Stadtrichter Protest. Un¬ ter Bezugnahme auf den seinerzeit ergangenen Befehl, daß „widerwertige Wit¬ tiben und Weibspersonen“ zu bestrafen wären, wenn sie die Predigten und Infor¬ mationen nicht besuchten, fragte Stadtrichter Frizler bei den Kommissaren an, wie er sich gegen Frauen, die gegen die Bücherkonfiskation Einspruch erhoben und auch gegen andere Befehle der Kommissare verstießen, verhalten solle. Die Kom¬ missäre antworteten am 12. März, daß bei Widersetzlichkeit auch Frauen zu be¬ strafen wären, nötigenfalls unter Beihilfe von Soldaten, dies jedoch mit „ge¬ 7723 bührender Diskretion.“ Den Dominikanern wurden am 12. Februar Kirche und Kloster durch die vom Statthalteramte entsandten Kommissare übergeben. Da die Stadt seinerzeit die Erbauungskosten getragen hatte und auf Ersatz des Gebäudewertes Anspruch gehabt hätte, erhielt der Magistrat die Verständigung, daß die langjährige Be¬ 77) Bei Auswanderung hatten sie 10 Pfennige Nachsteuer und der Herrschaft das sogenannte Freigeld zu bezahlen. 18) 1624 erhielten Steyrer noch Stipendien für das Studium in Wittenberg (RP 1624, 133). 19) LV 7, 91; Nr. 18, K. XI, L. 25, St.A. 20) RP 1626, 26. 21) Der bekannte Stadtchronist. 22) LV 2, 256. 23) LV 7, 91, Fn. 8; Nr. 20. K. XI, L. 25, St.A. 62
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