Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

noch, bis der Weber Hansl mit der Verstärkung eingetroffen war. Dann deponierten die Oberplaner Buben ihre geschmückten Palmbesen so nach und nach an der Kirchenwand, wo ein Rudel Baue·m amüsiert lachend dem beginnenden Raufhandel zusah. Von überall rannten die a1armierten Buben herbei, nicht achtend ·des Palmsonntagsfriedens, nur beseelt vom Gefühl der Rache, da man ihren Lokalpatriotismus so verletzt hatte. Stämmige Bürschchen waren es, die da aufeinanderknallten. Was half es da, daß der grauhaarige Mesner, angelockt vom Lärm; den Buben beide Fäuste zeigte und zur Ruhe mahnte. Seine Stimme ging unter im Krawall wie das Piepen einer Maus im Sturm. Niemand hörte auf ihn, da verbiß er das Lachen und ging. Es wa.r aber auch zu komisch, wie die heißblütigen „Buam" wie die Kampfhähne aufeinander losfuhren. Watschen knallten, Fäuste bohrten sid1 im Sd1wung in die Rippen der Gegner, Palmbesen sausten pfeifend durch die Luft, um auf den Häuptern der Widersacher zu landen, dabei einen Regen von Äpfeln und Blättchen von sich lassend. Gut nur, daß auf den Buschen noch nicht die heilige Weihe hing. Immer weiter wurden die Stubener Bu'ben zurückgedrängt, immer heißer tobte der Kampf. Längst waren die letzten Häuser von Oberplan zurückgeblieben und von den Stubener Palmbesen nur mehr ein paar kahle Steckentrümmer da, da mußten die „Auswärtigen " kapitulieren, weil es mit ihrer Kraft zu Ende ging. Sie lieferten die letzten „Waffen" a.11 die Oberplaner ab und trollten sich mit hängenden Köpfen heim. Stolz und ihre Taten, selber rühmend kehrten die „Sieger" um, in ihrer Mitte der Weni mit zerzaustem Schopf und knallroten Wangen. Quer über die erhitzte Stirn zog sich ein Striemen, der immer mehr anlief und dem Antlitz des Weni etwas düster Drohendes verlieh. Fast jeder hatte etwas abbekommen, ob es nun zerkratzte Hände, blaue, verquollene Augen oder Risse in der Kleidung waren. Aber trotzdem sahen sie voller Stolz den davonhatschenden Stubenern nach. Ihre „besudelte Ehre" war gerächt. Voll und harmonisd1 beganneR in 44 Oberplan die Glocken zu tönen. ,,Herrjegerl", schrie da der Weni erschrokken, der ganz auf die Kirche vergessen hatte, ,,s' Amt geht an, hiatzt hoaßts aba renna, i muaß ja spüln, rennt's Buam, sunst kemman ma z'spat!" Merkwürdig· schien es den Buben nu.r, daß so · viel Leute schon am Heimweg waren, wo doch nadi ihrer Meinung erst der Gottesdienst begann. Weni rannte wie um sein Leben und die! Kameraden mit ihm; waren dodi audi einige Ministranten darunter und der StoffL der an der Orgel den Blasbalg treten mußte. Ein Blick auf die in Sidit gekommene Kirdienuhr ließ die Bu4Jen vor Sdireck erstarren. ,,Dös kann's net gebn", sdtluckte der Weni verzagt, ,,20 Minuten nadi neune, dös ist net mögli, dös kann net stimma!" Aber es stimmte dennodi. Was sollten sie nun tun, so fragte einer den anderen. Das würde nodi böse Stunden geben an diesem Sonntag! Und gar erst, wenn der gestrenge Herr Pfarrer dahinter kam, wer bei der Rauferei gewesen war! Immer mehr sdirumpfte ihr Heldentum zusammen, bei diesen trostreichen Aussiditen. Gedrückt sd1lidien sich die Buben hinter die Kirdie, um ihre abgestellten Palmbusdien zu holen und heimzutragen. Die Weihe - so trösteten sie sidi - würde sdion audi durd1 die Kird1enwand hindurdigegangen sein. Die Tür des Kirdtleins stand nodi weit offen. Kalter Weihraudiduft entströmte dem Inneren ·und ließ den Weni leidit ersdiauern. Lange zögerte er, ehe er sidi in das dunkle Viereck der Türe stürzte, um seine Geige und sein Hütl vom Chor zu holen. Angstlidi umging er jedes lebende Wesen, um nur ja keinen Zeugen seiner verstohlenen Husdierei zu haben. Gottlo1 b, am Chor war keiner mehr, audi unten im Kirchenschiff hockten nur mehr wenige Beter in den Stühlen. So still und friedlid1 war es hier nad1 dem wüsten Lärm der letzten Stunde. In Streifen fiel die Sonne durdi die ostseitigen Fenster in die freundlidie Kirdie, in der noch an der Decke leichte Weihraudisdiwaden hingen. Weni wurde ganz elegisdi. Am liebsten wäre er gar nicht heimgegangen, aber er madite damit die Sache ja

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