Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

ßen Nachthemd. Sie blickten zu Kugler hinab, dann sagte der Mann: ,,Tut mir leid, aber es geht nicht!" Dann schloß er das Fenster. Fred· Kugler fühlte eine heiße Wut in sieb hochsteigen. Am liebsten hätte er einen Stein genommen und das Fenster eingeworfen, hinter dem die beiden nun wieder in ihren warmen, weichen Betten lagen. Unschlüssig ging Kugler weiter. Er lächelte 'bitter. Nichts von dem, was er ihnen erzählt hatte, werden sie ihm ge- . glaubt haben. Nicht das Auto, nicht die Heimreise von Italien. Seine Wut stieg weiter. ,,Verdammtes Pack!" schimpfte er vor sich hin, ,. verdammtes Spießerpack !" Fred Kugler kam zu einem kleinen Platz. Er blickte auf die erleuchtete Rathausuhr. Zwei Uhr, zwei Stunden nach Mitternacht. Er setzte sich auf eine nasse Bank unter einem Baum und sah auf die kleinen Häuser, die sich mit ihren spitzen Giebeln an das Rathaus kusd1elten. Neid, ja Haß auf alle, die in ihrem Bett schlafen konnten, während er hier draußen saß, überfiel ihn. Er haßte sie alle, nannte sie in Gedanken satte Spießer, warf ihnen vor, daß sie noch nie in ihrem Leben in einer wirklid1en Notlage gewesen seien, stumpf vor sich hinlebten und nur an sid1 und an ihren Magen dachten. Kugler steigerte sich in seinen Haß hinein. Wollüstig malte er sich aus, wie es wäre, wenn hier plötzlich Feuer ausbräche und die Leute aus ihren warmen Betten springen und im Nachthemd in den Regen hinauslaufen müßten. Als Kugler schließlich weitergehen wollte, klang aus einem Haus Kinderweinen. Dann ging das Licht im Erdgeschoß an. Hinter dem Vorhang sah Kugler einen Schatten hin- und herhuschen. J erzt ·blieb die Frau mit dem Säugling auf dem Arm am Fenster stehen. Sie sdiob den Vorhang zurück und sah in Kartonagen- und Papierwarenfabrik 0. EJ{anzlovsky den Regen hinaus. Da erblickt~ sie Fred Kitgler, stieß einen spitzen Schrei aus, zog hastig den Vorhang zu. Dann öffnete sich das Fenster einen Spalt und ein<' Männerstimme schrie heraus: ,,Scheren Sie sich gefälligst weg! Was haben Sie hier ins Fenster zu starren? Fort, sag' ich, oder ich rufe die Polizei!" Kugler lachte 1 bitter und ging weiter. Er trat voller Wut in die Pfützen, daß das Wasser hod1 aufspritzte. Und ihm war, als träte er alle die Spießer in ihren warmen Betten tot . Vier Tage später war Amtsgerichtsrat Fred Kugler wieder im Dienst. Der erste Fall war eine Bagatellsache. Ein Landstreicher hatte nachts drei Hühnern in einem Bauernhof die Köpfe abgeschnitten, die Hühner aber nicht mitgenommen. ,,Warum haben Sie das getan?" fragte Amtsgerichtsrat Kugler. ,.Ich wollte den Bauern ärgern." ,, Und warum wollten Sie ihn ärgern?" „ Ich kam abends auf den Hof und fragte, ob sie wohl einen Teller Suppe für mich haben. Und da hat der Bauer den Hund auf mich gejagt!" ,,Hat der Hund Ihnen Schaden angetau?" ,,Nein." „ Sie sehen wohl ein, daß dies kein Grund ist, dem Bauemi drei Hühner abzuschlachten, oder?" Nach kurzer Beratung mit den Beisitzern sdiloß sich Amtsgerichtsrat Kugler dem Antrag des Staatsanwalts an: ,,Zwei Wocben Gefängnis." Als Fred Kugler mit dem Auto nach Hause fuhr, hatte er einen Augenblick lang das Gefühl, irgend etwas falsch gemadit zu haben. Er ging noch einmal alle Fälle des Tages durdi, dodi er fand nicht den Grund für das seltsame Gefühl eines sd1led1ten Gewissens. Es wird das übliche Unlustgefühl am ersten Arbeitstag nadi dem Urlaub sein, dachte er und lenkte den Wagen zur Garage. Kartonagen aller Art wie Rohkartons, Fallschachteln Medizinalpackungen und Feinkartonagen in jede r Auslührung . Anschd/1 : STEYR, KLARSTRASSE 14 / Telefon 27 713 Betri e b: STEYR, HAAGER STRASSE 50 / Telelon 2616 40

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