Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

• Z\Nel stunden \ nach rn itternacht Erzählung von Adele Frisch Das Mißgeschick, welches Fred Kugler in die unangenehme Situation ge'bracht hatte, mußte nachgerade als lächerlich bezeichnet werden. In einer Reparaturwerkstatt zu Hause hätte man für die Behebui'ig des Schadens wahrscheinlich nicht einmal etwas berechnet. Aber auf der regennassen, kurvenreichen Gebirgsstraße war das Versagen der Scheinwerfer zu einem ernsthaften Malheur geworden. Es wäre lebensgefährlich gewesen, bei dem starken Regen in der stock- .finsteren Nacht auf gut Glück weiterzufahren. Eine Zeitlang hatte Fred Kugler gewartet, ob ihm vielleicht ein anderer Wagen Hilfe bringen könnte. Aber es war kein Wagen gekommen. Während er sich nun mit einem kleinen Koffer in der Hand auf den Weg zum nächsten Ort machte, verfluchte Kugler die Schnapsidee, auf der Rückfahrt von Italien eine kleine Gebirgsstraße zu benutzen. Fred Kugler mußte lange gehen. Zuerst versuchte er, den Pfützen auszuweichen, aiber er gab dieses Bemühen bald auf. Es kümmerte ihn nicht mehr, daß das Wasser von oben in seine Halbschuh e drang. Da er keinen Hut trug, lief ihm das Wasser aus den Haaren in den Hemdkragen. Er nahm sich vor, im Hotel zuallererst ein heißes Bad zu bestellen, sich dann umzuziehen und ausgiebig zu essen. Fred Kugler wußte nid1t, wie lange er gegangen war, als er das Dorf erreichte. Die Straßen waren mensdlenleer, die Gasthäuser geschlossen. Er ging zweimal die Hauptstraße hin und .zurück, ohne einen Menschen zu treffen. Dann entschloß er sich, an der Tür eines Hauses zu klingeln, in dessen oberstem Stockwerk Licht brannte. Ein Mann im Sdllafanzug öffnete das Fe nster. „Verzeihen Sie die Störung ", sagte Kugler, ,,ist hier im Ort ein Hotel?" ,, Nein", sagte der Mann. ,, Aber es gibt dodl sicher eine Pension oder Leute, die privat vermieten? '' ,, Nein, nichts dergleidlen." ( ; I /[, ;::;:;: ~ ~' , ·; , . ! . ,,Können Sie mir da1m bitte sagen, wo die Bahnhofgastwirtschaft ist - die muß dodl wohl nadlts offen sejn?" ,, Wir haben hier keinen Bahnhof. " Aber eine Autoreparaturwerkstatt haben Sie dodl wohl?" ,;Ja.. Aber die ist jetzt geschlossen ." Fred Kug ler zögerte einen Augenblick. Dann gab er sich einen Ruck und erzählte dem Maru1 am Fenster, was ihm widerfahren war. Ob er vielleidlt ein Bett frei habe. Notfal ls genüge auch ein S0fa. Er köll.lle dodl unmöglich die' ganze Nadlt im Freien bleiben bei dem starken Regen . ,,Moment", sagte der Mann. Er versd1wand vom Fenster. Nach einer Weile stand er wieder am Fenster, neben ihm eine Frau im wei39

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