Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1964

„Zur Beförderung der kaiserlichen Armaturen“ ging Luckhner im Juli 1654 daran, den „ruiniertenHammer und das dazu gehörige ganz eingefallene Wohn¬ haus“ in Unterhimmel (Herrschaft Kloster Garsten) in ein „Armaturen Gebäude“ Rohrschmiede) umgestalten zu lassen. Die Herrschaft Steyr bewilligte ihm hiezu acht Stämme Bauholz aus den Wäldern der Saß. Schon im nächsten Jahre war auch Mittermayr an dem Waffengeschäft beteiligt. Die Kohle für die neue Rohr¬ chmiede bezogen die „kaiserlichen Büchsenhändler“ mit Genehmigung der Herr¬ schaft Steyr ab 1655 aus Reichraming und Großraming.“ „ Die Schaftung der Rohre und ihre weitere Ausfertigung wurde nun nicht mehr in den Werkstätten der Verleger, sondern durchwegs von den bürgerlichen Handwerkern vorgenommen. Hinweise in den Archivalien lassen erkennen, daß die an der Waffenerzeugung beteiligten Handwerker dem „Kaiserlichen Armaturs Werk“ angehörten.?) Die Armatur=Handwerker, von den Verlegern manchmal mit Pfennwerten') statt mit Bargeld entlohnt,“) waren zeitweise vom Kriegsdienst befreit. Der Armaturenverlag beschränkte sich um diese Zeit nicht allein auf die Lie¬ ferung von Musketen und Pistolen, auch Kürasse,") Säbel,*) Degen,??) Spring¬ stöcke*s) Piken*') und Hellebardense) gelangten zum Versand. So schickten z. B. Luckhner und Mittermayr 1661 Stangenwaffen in das Wiener Zeughaus. Das für diese Waffen benötigte Eschenholz bezogen sie aus den Herrschaftsforsten in Molln und Reichraming. In Molln (Forst Au) erzeugte Stephan Rue߬ mann Piken= und Hellebardenstangen und verkaufte sie an die Steyrer Waffen¬ #t verleger. Im Jahre 1666 starb Georg Mittermayr. Er hinterließ einen Warenbestand (Armaturen, Eisen, Stahl, Nägel, Sensen u. a.) im Werte von 99.875 fl. 7B 18 d. Durch Schulden und uneinbringliche Außenstände ermäßigte sich dieser Betrag auf 60.885 fl. 5 B 5½ d.*) Mittermayr, der sich meist in Wien aufgehalten hatte, war vorübergehend Besitzer der Häuser Stadtplatz Nr. 21 und Enge Gasse Nr. 5.82) Luckhner und die Erben Mittermayrs, die den Armaturenverlag weiterführten,“ erwarben auch die Rohrschmiede in Vogelsang. Dadurch geriet der gesamte Handel mit Steyrer Waffen in die Hände dieser Verleger. 71) Linz, LA, Herrschaft Steyr, Eisenwesen, Schachtel 1004. 72) J. Ofner, Handwerk d. Stadt Steyr, Diss., a a. O., S. 148. 73) Pfennwerte = Waren. 74) RP 1675, 114. 75 Verschiedene Formen. Brust= und Rückenstück verbanden meist Schulterriemen und Gürtel. O. Schwarz, a. a. O., S. 17 f. 76) Schwach gebogene Klinge, einseitig geschliffen. 77) Gerade Klinge, doppelseitig geschliffen. 78) Der „Springstecken“ war ungefähr 2 m lang, an beiden Enden mit Eisenspitzen beschlagen und in der Mitte mit einem Haken zum Auflegen des Gewehres ver¬ sehen. Er diente zum Überspringen von Bodenhindernissen und zur Aufstellung „Spanischer Reiter". W. Boeheim, Handbuch d. Waffenkunde (1890), S. 329. 72) Piken= lange Spieße mit vierkantigem Spießeisen, bis 4 m lang; sie standen als Angriffswaffe des Fußvolkes bis um 1700 in Verwendung. O. Schwarz, a. a. O., S. 33 f .80 Auch Helmbarten genannt, dienten ursprünglich zum Zerschlagen des Harnisches; später erhielten sie eine Stoßklinge und einen Reißhaken. O. Schwarz, a. a. O., S. 31. 81) Linz, LA, Herrschaft Steyr, Eisenwesen, Schachtel 1004. 82) F. Verlassenschaften, K. XI, L. 18, Buchstabe M. — fl. =Gulden, ß = Schilling, D =Pfennig. 83) J. Krenn, Häuserchronik, Diss., Bd. 2, Nr. 142, 170. 84) RP 1667, 296. 90

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