Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1963

den ist. Sie haben wei ter nid1ts zu tun, als uns die kleine Gefällig)<eit ZU er- :weisen, ·' einen Scheck auszufertigen. ,Sobald dieser Schei:k eingelöst ist, werden wir Sie wieder hinauf.begleiten, und Sie ' können bereits morgen mittag, wie vielleicht vorgeha:bt,. im Cafe Florian mit Ihrer Freundin dinnieren." „Einen Scheck soll ich ausfert igen und wieso - ", stammelte Larron. Ein dünnes Lädieln umspielte den freien Mund des Froschgesichts. ,,Ja, und nur über die Bagatelre von einer Million Lire, Monsieur Lafitte! " Larron straffte sidi. Mit lauter, entsd1lossener Stimme rief er: ,,Wieso reden Sie midi immer mit Monsieur Lafitte an, mein Herr? Mir scheint, idi bin das Opfer einer Verwedislung geworden! Idi heiße nicht Lafitte! Idi bin der Textilreisende An.dre Larron aus Paris! " Eine kurze Pause folgte diesen . entschiedenen Worten. Einer der Mä1111er ,deutete auf den Koffer Larrons, der ·in einer Ecke stand. Die Budistaben A. L leuchteten im Flackersdiein der Pedifakkeln. Der Mann mit der · frosdigrünen Larve trat dicht vor Larron hin. Er sagte mit ·möglichster Milde im .Ton : „Monsieur Lafitte, lassen Sie do111 die Komödie! Denken Sie nidit, uns · blu ffen zu können. Wir sind besser orien- 'tiert, als Sie glauben! Sie sind der Bankier Alphonse Lafitte, auch wenn Sie sich hier als Textilreisender Andre Larron ausgeben . Wo ist Ihr Sdieckbuch? " Hierauf rief Larron , während die Adern an seiner Stirn ansdiwolle11: ,, Ich bin, ob es Ihnen paßt oder nidit, der Textilreisende Audre Larron und demnach kann idi Ihnen keinen Scheck ausstellen, der von Bankier Lafitte unterzeichnet sein muß! " Der Mann mit der Larve ließ jetzt die Maske fallen - die Maske der Höflid1keit. Er packte Larron am Rockaufsdilag. ,Jd1 sehe, Monsieur 'Lafitte". zisdite er, ,,daß man mit Ihnen anders reden muß! Hören Sie jetzt mein letztes Wort. " - Er winkte einem der Spitzbärtigen, der in seinen Kavaliermantel g.riff und dem Anführer einen Hammer 66 überreid1te. DeT Mann mit der Frosd1larve . trat an das Fenster und schlug das dick.e Glas des Bul\auges mit mehreren Sd1lägeh ein. Sofo,rt schoß Wasser durch die Luke. ,, Hören Sie nun mein letztes Wort, Monsieur Lafitte" , sdirie der Brigant jetzt mit schrecklidier Stimme. ,,Sie befinden sich hier am Ufer der Adria! Sollten Sie wieder zur Vernunft zurückfinden und bereit sein, als Bankier Lafitte den Scheck über eine Million Lire auszuschreiben , so klopfen Sie an qie Tür, hinter der Benedetto warten wird! Sollte Ihnen aber Ihr Starrsi1111 wichtiger sein als Ihr Leben, so verenden Sie in Teufels Namen in dieser Zelle!" Darauf verließen di e drei Briganten den Raum. Blaugraues Wasser rauschte, plätsd1erte, stieg zusehends . Larron, der kein Lafitte werden konnte, audi wenn er es so gewollt hätte, stellte sich auf . die Bank. Seine Knie zitterten . Der Tod in seiner smimpflidisten Form sdiien ihm gewiß . Da erreichte sein Ohr ein donnerndes Getöse. Er riß die Augen auf, er grift mit den Armen um sich. Ein seltsames Klopfen erhielt sich hartnäckig. Andre Larron begriff. Er lag au• dem Boden seines Hotelzimmers. Er war wadi. Er war aus dem Bett gefallen in seiner Todesangst. Andre Larron war zweimal in Venedig angekommen, einmal in Wirklichkeit und einmal im Traum. Ei nmal im weißgelackten Motorboot an glitzernden Lichterreihen vorbei, - und einmal in sd1warzer , kahler Gondel. von . rotbärtigen Gaunern in dje Falle gelockt . Er stand auf, atmete · tief und glücklich. Es gab keinen Bankier Lafitte, keinen Erpresser mit Froschlarve und keine falschen Gondolieri. Der Unsinn versank. Und doch wieder dieses Kl opfen - - Larron verstand nun endlidi auch die Stimme des Zimmerkellners : ,, Signor, sieben Uhr, sieben l{hr, Signor!" ,, Danke, Anselmo !" antworteti„ L~rron. Dann öffnete .er weit -die · Fensterflügel.

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