Der geheimnisvolle Stein von Monte Gordo Bill Smith lag faul im Liegestuhl auf dem Dach des Hotels Vasco da Gama, das im südlichen Portugal steht. Er gähnt e vor sid1 hin. ,,Das nennt der Mensch nun Erholung", stöhnte er. ,,Den ganzen Tag essen und im Liegestuhl liegen. Kein anständiger Mensch weit und breit, mit dem man Poker spielen könnte! " Bill iieß sich einen neuen' Whisky bringen · und dachte nach. Plötzlich sprang er auf und reckte die Arme. Dann brüllte er vor lachen. Fünf Minuten später ging _er mit zwei jungen, kräftigen Portugiesen, Jose und Joao, den Strand entlang. Prüfend blieb sein Blick endlich an einem großen Stein hängen. „Den da ", kommandierte er seine eingeborenen Helfer. Schwitzend und mit geröteten Gesichtern wurde der Stein, Meter um Meter beinah, ins Hotel geschleppt. Einen ganzen Tag lang hatte Bill mit seinen Helfern zu tun, ehe der Stein, makellos in Holzverschalung verpackt, als Eilpaket zur Post gebracht werden koru1te. „Jim wird sich freuen , wenn er den Stein in New York beim Zoll abholen muß" , grinste Bill vergnügt und goß sid1 einen neuen Whisky hinter die Stelle, wo er _als Reporter meist eine Krawatte zu tragen pflegte. Der Postbeamte in Monte Gordo war sehr höflich. Er wußte , was man Amerikanern sdmldig war. Als er allerdings hörte, daß das riesenschwere Paket mit einer Million Escudos versichert werden sollte, obgleich es nur einen Stein enthielt, wurde er mißtrauisch und ängstlidi. Heitere Kurzgeschichte von Juan Rodriguez Kaum hatte Bill das Postamt verlassen, da telefonierte der eifrige Beamte bereits mit der geheimen Staatspolizei seiner Provinz. Der allmäditige Provinzdief dieser segensre.idien Institution kam persönlidi an den Apparat. Die unpersönlidie Anwesenheit ist selbst in Diktaturen nodi nicht erfunden. Er hörte sidi Fernandos' - so hieß der Postbeamte - Beridit an und traf mit wahrhaftem Generalsblick seine Anordnungen; ,,Sie legen", brüllte er, ,, das verdäditige Paket sofort im Hof des Postamtes ab. Die Post ist ab sofort für jeglidien Verkehr gesperrt. Im treffe alle weiteren Anordnungen selbst. " In den nädisten zwei Stunden war in Portugal die Hölle los . Polizei und Heer sperrten Monte Gordo ab und räumten Hotel und Ort. Bill witterte zuerst eine politisdie Sensation. Erst als er merkte, welches Interesse man seiner Person sdienkte, und daß der „harmlose" junge Mann, der ihm so liebenswürdig behilflidi gewe~ sen war, dauernd nad1 Bills Neigungen fragt~ und dann sid1 sogar völlig unver~ blümt nadi dem Stein erkundigte, ging ihm auf, was er mit seinem Jux angerichtet hatte. Er gab dunkle Auskünfte, erging sidi in vieldeutigen Redensarten, und der junge Mann mußte alle zehn Minuten eine Entsdrnldigung ersinnen, um die neuesten Aeußerungen Bills telefonisdi an seine Dienststelle durchgeben zu können. Wissenschaftler wurden nadi Monte Gordo -~ingeflogen und untersuditen den Stein. Von seiner Hülle befreit, lag 61
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