Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1963

HAUBENEDER KLEIDERHAUS / STEYR. ENGE 12 Führend in Auswahl und Qualität zu bekannt billigsten Preisen ! VERKAUF IN 3 STOCKWERKEN 1 Nur Andreas war ihr in der alten Zuneigung verfallen. Anfangs, da brachte er es zuwege, mit Gunthilde über unverfängliche Dinge zu reden, selbst wenn sie allein waren, aber nad1 und nach wurde das Verlangen, Gunthilde an sich zu reißen, in ihm so mächtig, daß er jede Begegnung mit Gunthilde nach Möglichkeit vermied. Trotzdem entging es Ellie nicht, daß er von Tag zu Tag gereizter wurde und ihr selbst mit versteckter Feindschaft begegnete. Daraus wuchs auch in ihr der Grolf. Sie nahm Andreas eines Tages beiseite und sagte: ,, Schaff das Weib aus dem Hause, denn ich will nicht, daß es unseren Frieden untergräbt. Tagtäglich muß ich es mitansehen, .daß du dich heimlich nach ihr verzehrst, weil sie schön geblieben ist, während mir die Jahre den Reiz genommen haben! " Andreas streift"e sie ab und erwiderte: ,,Halte deine Zunge im Zaume und stifte mir keinen Verdruß!'' Ellie fraß den Groll in sich hinein, dachte aber · hin.fort nur mehr daran, wie sie Gunthilde aus dem Hause vertreiben könnte. Für Gunthilde begann deshalb eine böse Zeit. Obwohl sie arbeitete wie eine gewöhnliche Magd, mußte sie aus Ellies Mund immer wieder hören, sie sei eine verdammte Faulenzerin und verdiene nicht das Brot, das sie esse. Gunthilde wurde in ihrem Gemüte durch diese schmachvolle Behandlung so verstört, daß sie nicht mehr die Kraft fand, gegen ihr - Los aufzubegehren, geschweige denn ein hartes Wort mit der Bäuerin zu reden. Wie ein Fremdling saß sie arn eigenen Tisch und aß das Gnadenbrot aus ungnädiger Hand . In dieser Kümmernis verfiel Gunthilde immer mehr in ein eigenbrötlerisches Schweigen, sie sehnte die große Müdigkeit herbei , . die ihr in der Gestalt der Birke immer eine Weile des Vergessens verheißen hatte, ja, sie wünschte mitunter, sie könnte in den tiefen Schlaf verfallen und nie wieder erwachen. Immer wieder schlich sie zu den Moorgründen hinunter, um das einschläfernde Rauschen des Nachtwinds zu hören. Von den Bewohnern des Hofes wurde Gunthilde betrachtet wie ein Geschöpf, das einem unheimlichen Wahne verfallen ist, und wiederholt hörte sie, wie sie untereinander raunten: ,,Was hat sie unten am Wasser zu suchen?" Andreas nahm sie einmal bei der Hand und redete ihr eindringlich ins Gemüt: ,, Warum gehst du fast jede Nacht aus dem Haus? Es ist finster draußen und du könntest eines Nachts in den Moorgründen versinken!" „Laß mich los! " zischte Gunthilde feindselig und schlug seinen Rat fn den Wind. ,, Du kümmerst did1 auch sonst nidit um mich und duldest alles, was deine Bäuerin mit mir anstellt!" Da hatte . sie recht, und mit geducktem Kopf sdilich sid1 Andreas fort. Er bedauerte zutiefst, daß alles so gekommen war, und nahm sich vor, doch ein ernstes Wort mit Ellie zu reden, um Gunthilde das Leben angenehmer zu machen. Doch noch in der selben Nacht knirschte das Haustor wieder in der Angel. Andreas, der das Knirsdien gehört hatte, lag die ganze Nacht mit wachen Augen und wartete, bis Gunthilde zurückkäme. Gleich bei Tagesanbruch schickte er die Knechte aus , daß sie nach Gun thilde suchten. 47

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