Fr. Steinhuber LEDERWARENFACHGESCHÄFT Kirchengasse 6 Und einmal, es war in der Nacht, da sich der Hochzeitstag jährte, rief Gunthilde wirklich mit lauter Stimme nach dem Geliebten. Sie stand im vollen Brautschmuck auf der Wiese, konnte aber nicht fliehen, weil ihre Füße noch in den Boden gewurzelt waren. ,,Du kannst mir nicht entwischen", sagte eine quäkende Stimme nebe1.1 ihr. Es war der Fergel, der gekommen war, wie er angekündigt hatte. ,,Ist dir das Jahr schnell verstrichen oder hattest du Langeweile?" höhnte er: ,,Bist du jetzt bereit, zu mir in den Teich zu ziehen?" „Nie und nimmer!" knirschte Gunthilde. Im nächsten Augenblick hatte sie die Sprache wieder verloren, die Arme, die sie soeben noch bewegt hatte, standen wieder als Äste von ihrem Leib. So gingen der Sommer und der Herbst dahin, und mit Beginn des Winters fiel Gunthilde wieder in den tiefen Schlaf. Siebenmal zog der Wed1sel des Jahres vorüber, und jedes Jahr einmal gewann Gunthilde für kurze Zeit ihre menschliche Gestalt zurück. Der Teichkönig begehrte von Jahr zu Jahr zorniger: ,,Willst du nun zu mir in den Teich ziehen?" Gunthildes Antwort war immer dieselbe: ,, Nie und nimmer! " In diesem Jahr wurde auf dem Gindrader Hof eine lautlose Hochzeit gefeiert. Dies kam so, daß der Bürgermeister dem Andreas auf die Schulter klopfte und sagte: ,,Es geht nicht an, daß du Jahr um Jahr ohne Ziel und ohne Zweck arbeitest und deine Nächte allein verbringst. Nimm dir eine Bäuerin, wie es jedem Bauern ansteht!" Andreas sagte: ,, Ich weiß, daß eine tüchtige Bäuerin auf den Hof gehört. Meine Zuneigung gehört Gunthilde über den Tod hinaus, aber. die Fleißigste von den Mägden soll Bäuerin werden!" Schort lange hatte Ellie, die Kuhmagd, dem Andreas schöne Augen gemacht, weil sie gerne Bäuerin werden wollte, und zudem war sie tüchtig, auch angenehm und stattlich, sodaß sich Andreas nidit lange zu besinnen braudite. Aber es gab keinen Brautzug und keine Böllerschüsse, sondern nur eine stille Trauung in der Kirche. Gunthilde sdiaute dem Paar, das zur Trauung in die Kirdie gefahren wurde, lange nach, der Sd1merz durdizuckte sie von den zitternden Blättern bis in die tiefste Wurzel. Trotzdem verargte sie es dem Andreas nicht, daß er sich nach sieben Jahren vergeblichen Wartens eine Magd zur Frau nahm. Und abermals vergingen Jahre. Auf den Wiesen zwischen dem Gehöft uncl den Moorgründen spielten nun wieder Kinder. Es waren zwei Knaben unq ein Mädchen. Gunthilde verfolgte sie in ihrem Wachstum, wie sie gediehen, zur Schule gingen und schließlich bereits zur Arbeit angehalten wurden. Im dreiundzwanzigsten. Jahr nach dem unheilvollen Hodizeitstag gesdiah es, daß Andreas mit Ellie, der Bäuerin, über die Grundstücke ging und dabei auch in die Nähe des Teiches kam. ,, Schau doch!" sagte er verwundert. ,,Hier ist eine große Birke gewachsen!" 42 110·1s Hawelka . Früchte-Import und Großhandel ·• Eigene Bananenreiferei • Eigene Erdnußrösterei STEYR, Ennser Straße 20b / Telefon 2941 und 2942 Serie Filiale LINZ, Hafengelände-Großmarkthalle / Telefon 2 39 55
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