Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1962

Es steckt demnach unter einer Pickelhauben viel Rauhen und Klauben, und sind sie schon der Meinung, als seien sie deswegen Kriegsleut genannt, damit sie allenthalben sollen etwas kriegen, es liege solches auf der Bank oder in dem Kasten. DIE STÄNDE UND ·IHRE FEHLER Besiehe du mir alle Ständ! Als erstlich die Bauern sind zuweilen böse Lauern, welche oft um den Garten ein Zaun führen und aber das Gewissen offen lassen. Dennoch ist der hl. Isidorus ein Bauer gewesen und hat er sowohl gedroschen in seiner Scheuer, als gedroschen auf seinen Rucken mit harten Geißelstreichen: zur Gedächtnis des Leidens Christi. Es sind die Maurer bisweilen solche Leute: Was sie eine ganze Wochen gewinnen, das muß .am Sonntag durch die Gurgel rinnen, und weißen sie oft anderen das Zimmer aus und lassen das eigene Gewissen rußig, und doch ist der hl. Proculus ein Maurer gewesen, welcher bei dem Häuserbauen des Gotteshauses nicht vergessen. Die Müllner sind solche Leut, welche Wein trinken, so lang sie Wasser haben, und ihr bester Edelstein der Mühlstein, bei dem sie bisweilen gewinnen, was nicht gehört ihnen. Und doch ist der hl. Vinocus ein Müllner gewesen, welcher bei dem steten Mahlen auch ein zerknirschtes Herz _zu Gott getragen. Die Kutscher oder Fuhrleut sind sonst solche Leut, welche nicht allein mit der Geißel umgehen, sondern gar oft auch über die Schnur hauen, und wissen sie sowohl die Leut von einem Ort zu dem anderen zu führen als auch hinter das Licht zu führen. Dennod1 ist ein Fuhrmann gewesen der hl. Richardus, und war sein Stall mit dem bethlehemitischen an Heiligkeit verwandt. DIE FLUCHENDEN „STINKGOSCHEN" Die Israeliten in der Wüsten haben neben andern sehr großen Gnaden auch diese erhalten von Gott, daß er sie mit dem besten Ma1ma oder Himmelsbrot gespeist, und hatte sold1es Manna allen erwünsdlten Geschmack in · sich. Ein westfälischer Sehunken, eine österreichische Lerd1en, ein tirolisdler Gemsenschlegel, ein schwäbischer Pfannzelten, eine böhmische Golatsdlen, ein bayrischer Kirchtagbrein, ein schweü.erischer Zieger, eine spanisdle Sdlokolade, ein türkischer Scherbett, eine welsche Stufata, ja alle gesdlmackteste Speisen waren begriffen in diesem Manna oder Himmelsbrot, und doch hatten sie bereits ein Grausen darob, murrten wider ihren Contralor, den Moses audl wünschten sie sich, daß sie noch könnten sitzen bei dem ägyptischen Zwiefel, und Knobla·ch. 0 ihr garstigen Stinkgoschen, sollen denn euch die muffenden Erdgewächs besser schmecken als das Himmelsbrot? Ja, ja! Die Ursam aber dessen war diese und keine andere: Sie waren der ägyptisdlen Zwiefeln und Knobla-ch schon gewohnt und so viel Jahr, und was man einmal gewohnt, das laßt man hart. Es :ist allbereits bei uns Christen das Fluchen und Schwören eine eisene Pfaid, welche so bald niemand trennen wird, aud1 soldle üble Gewohnheit kö1men wir (im aber sag: wollen wir) nid1t lassen. Der Hohepriester Aaron mußte an seinen Kleidern 365 guldene Schellen oder Glöcklein tragen (wie viel Tag im Jahr), dadurch anzudeuten, daß kein Tag solle vorbeigehen, an dem aus uns Gottes Lob nicht soll erschallen . Aber leider das Widerspiel ereignet sich, indem wir täglidl gottslästern, und sind solchergestalten nidlt besser als die Basilisken, von denen Plinius meldet, daß sie ihr Gift nur allezeit in die Höhe gegen Himmel werfen, denn was tun wir anders durch tägliches Lästern, als mit dergleidlen Giftwurf den Himmel zu entunehren -? Es kann wohl einer dem Beichtvater mit ernsthaften Worten verheißen, er wolle sich gänzlich des Schwörens enthalten. Wenn nun solcher den Beichtvater beurlaubt und etwan im Herausgehen den Kopf an den Beichtstuhl stoßt, fahrt er mit viel tausend Sakra und Teufeln heraus wider den Tischler, daß er den Beichtstuhl so nieder gemacht; daher hat unser Versprechen weniger Bestand· als das Gras im Juli. 60

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