Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1962

hatte eine Kerze genommen und dasselbe, überall mit Holz getäfelt wie es war, an allen vier Ecken, müde seines Lebens, angesteckt. Vergebens schickte sie Leute hin-· ein, den Unglücklichen zu retten; er 'Yar auf die elendiglichste Weise bereits umge-· kommen, und noch jetzt liegen, von den Landleuten zusammengetragen, seine weißen Gebeine in dem Winkel des Zimmers, von welchem er das Bettelweib von Lo-· carno hatte aufstehen heißen. Heinrich von K 1 e i s t ' STRAFPREDIGTEN aus den Schriften Abraham A Santa Claras DIE SOLDATEN ZU FRESSBURG Es ist eine Stadt in Meixen, die heißt Kronenburg; alldort kehren die König ein. Es ist ein Städtel in Palästina, das heißt Bethlehem; allda kehren die Bettler ein. Es ist eine Stadt in Bayern, die heißt Freising, dort kehren die Musikanten ein. Es ist abermal eine Stadt in Bayern, die heißt Filzhofen; dort kehren die Huter ein. Es ist eine Stadt in Schwaben, die heißt Mößkirchen; dort kehren die Geistlichen ein . Es ist eine Stadt in Sachsen, die heißt Hadersleben; dort kehren die zankischen Eheleut ein. Es ist eine Stadt im Salzburgerland, die heißt Laufen; dort kehren die Boten ein. Zu Schwein- und Ochsenfurt können endlich die Fleischhacker und Metzger einkehren usw. Wo aber sollen die wackeren Soldaten ihr Quartier haben? Es ist ein Markt in dem Herzogtum Steyer, der heißt Mehrzuschlag; allda müssen die Soldaten einkehren. Hinweg · mit denjenigen Soldaten, die lieber von den Muskatellern als von den Musketen hören! Fort mit denjenigen Soldaten, die lieber mit der Decken als mi t dem Degen umgehen! Aus mit solchen Soldaten die lieber zu Freßburg als zu Preßburg in der Garnison liegen ! Nichts nutz sind die Soldaten, die lieber Luzelsburg als Luxemburg belägern! Nicht zu leiden sind jene Soldaten, die da lieber Partiterei*) als Parteireiter abgeben; zu schimpfen sind alle diejenigen Soldaten, · die lieber mit der Sabinl als mit dem Sabel umspringen. *) Partiterei: Ränl~esucht PICKELHAUBEN UND RAUBEN Es ist mehrmalen ein Gebot: ,,Du sollst nit stehlen." Die Soldaten haben dieses ·wort mit einem einzigen Strichl vermehrt, indem sie anstatt des „nit" das „mit " gesetzt, wessentwegen es jetzt bei ihnen heißt: ,,Du sollst mitstehlen ." Es hat vor langer Zeit einer aufgebracht, als habe der Teufel sich verheiratet und zu seinem Weib genommen die Bosheit, mit welcher er unterschiedliche Töd1ter gezeugt hat. Eine Tochter hat geheißen die Hoffart, die hat er einem Edelmann verheiratet; eine andere hat geheißen der Geiz, die hat er einem Kaufmann verheiratet; mehr hat ein~ geheißen der Betrug, die hat er einem Advokaten .angehängt; eine andere wurde genannt die Gleisnerei, die hat er einem Religiosen übergeben; eine sehr große Tochter hat er, die war der Neid, solche hat er einem Hofherrn vermählt; noch eine andere war, die hieß Raub, um weld1e sehr viel gebuhlt, sie aber doch endlich ein Soldat geheiratet. @rabfteingefd)ii~, 6tel)r, @a&llmfgaffe 1 filusfü~rung bon @rabfteinen unb <:Hufen 59

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