Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1961

Die Antwort des Präsidenten ließ nid1t lange auf sich warten . Dieses Mal kam kein wortreimer Brief, sondern ein knappes Ultimatum, weld1es Herrn Valentin vor die Wahl stellte, entweder den Widerruf zu veröffentlichen oder aber die Folgen einer kriegerismen Verwicklung auf sich zu nehmen. Wie ein Mann, stand da, werde die Armee der Republik San Trajano gegen den Beleidiger zu Felde ziehen und ihn vernimten, wo immer er sim ihr entgegenstelle. Falls das Ultimatum in dem Glauben abgefaßt worden war, der Gegner werde namgeben , täusmten sid1 die Absender sehr. Ehe sie sim versahen , telegraphierte ihnen Herr Valentin, er erkläre der Republik San Trajano den Krieg. Dahin war es nun gekommen, der Streichhö lzer wegen. Baid wußte die ganze Welt von der Fehde, die zwischen San Trajano und Herrn Valentin ausgebrod1en war, denn die Republik mamte aus der Kriegsbereitsmaft ihrer Truppen kein Hehl. Herr Valentin hingegen tat nimts dazu, einen Angriff oder eine Verteidigung vorzubereiten. Wohl ließ er an seinem Haus ein Schild anbringen, welmes allen Bürgern des Staates San Trajano den Zutritt verbot, dod1 im übrigen lebte er, obwohl mitten im Kriege, friedlim vor sid1 hin . Der Leser errät, daß Herr Valentin auf die räumlime Entfernung baute, die ihn vom Feinde trennte. Und in der Tat bot diese e in großes Hindernis„ denn wie sollten die Gegner zueinander kommen und wo sollte der Entscheidungskampf ausgetragen werden? Derweil die Kriegssd1iffe von San Trajano unter Dampf lagen und die Landungstruppen täglim nam Zielscheiben smossen, welme die Gesimtszüge Herrn Valentins aufwiesen, verhandelten die Diplomaten mit allen möglimen Staaten, in der Hoffnung, freien Durchmarsch zu erwirken und sich - wenn aud1 nur leihweise - einen geeigneten Kriegssmauplatz zu simern. Doch es zeigte sich leider, daß die angerufenen Staaten der Neutralität ve rschworen waren; weder erlaubten sie, daß fremde Armeen ihr Gebiet passierten , noch gaben sie eine Handbreit ihres Bodens dem Schrecken der Sd1lachten preis . Selbst der Staat, dem Herr Valentin angehörte, wollte davon nichts wissen und erklärte, er betramte den Krieg als eine persönliche Angelegenheit des Bürgers Fidelis Valentin. Es half den Soldaten von San Trajano wenig, daß sie mit den Zähnen knirschten ; sie gerieten nicht an den Feind. Dabei wäre es wohl auch geblieben, wenn nimt ein sehr vermögender Ma nn eingegriffen hätte. Er, der ein gutes Dutzend Inseln sein eigen nannte, ließ eines Tages wissen , das öd e Eiland Pedrosa sei ein ausgezeichneter Tummelplatz für kriegerische Unternehmungen und erwarte die Streiter lieber heute a ls morgen. Menschen. gebe es dort nid1t, auf Tiere und Gewächse brauche man keine Rücksicht zu nehmen; er bedinge sich lediglim aus, daß er ungefährdet dem Verlauf des Krieges beiwohnen dürfe. Kaum war di e Einladung ergangen, erhob sim in San Trajano ein einziger Jubelsmrei. Unter ·den Klängen einer rauschenden Musik lief die Flotte aus urtd nahm Kurs auf Pedrosa. Die ganze Welt blickte auf Herrn Valentin. Würde er seinen Mann stehen oder smmählid1 versagen? Es liefen Geri.imte um, daß er im Begriffe sei , Kämpfer anzuwerben. Zeitungsleute wollten gesehen haben, wie Herr Valentin einem kräftigen Bauernbursmen ein Handgeld auszahlte, und schlossen daraus, daß er in aller Heimlimkeit eine Armee zusammenrufe. Es war nimt einmal eine Lüge, was die Berichterstatter da vermeldeten, dom gingen sie in ihren Folgernngen zu weit, denn jener Bauernbursdie, den Herr Valentin in seine Dienste genommen hatte, sol lte lediglich wäh rend der Kriegszeit Haus und Hof versehen. Nein, Herr Valentin warb kein Heer an und kaufte aum keine Waffen, obwohl sie ihm von allen Seiten angeboten wurMÖBELHALLE A. LANG STEYR, SCHLOSS LAMBERG 50

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