Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1961

War das ein Haufen Menschen hinter Vaters Leid1e her: die Sdmlkinder mi t einem schwarzen Fähnlein_, dann eine ganze Schar Klosterfrauen, dann die Leh rer aus allen Nambargemeinden, gewiß ein Dutzend, wenn nimt mehr ; und dann ei n Trupp Smeibensmützen in Lodenjoppen mit grünen Aufschlägen. Die waren v on weit und breit herbeigekommen, manme gar über den Brenner herüber, denn di e Schützen sind gar treue Brüder. Und die Musik spielte. Ich besinne mim gut, der Bombardon brummte so drollig. Smön war es, smön f Ich dachte mir immer hin ter dem Sarge her : ,,Warum hat nur Vater das nimt erleben können[ " Auf dem Sarge lag Vaters Smeibenstutzen und der Schützenhut mit dem Gemsbart. Der blanke Bümsenlauf funkelte in der Sonne, und vom Gemsbart l ieß im kein Auge. Im sehe ihn nom heute lustig im Morgenwind wacheln und di e schönsten Räder smlagen. Das weiß im aum noch gut, wie der Sarg mit zwei dicken Stricken in das Grab hinabgeseilt wurde. Drei Männer mit Smaufeln standen smon bereit. Hat ten die es eilig, den Vater einzusmaufelnf Als hätten sie gefürchtet, er könnte ih nen nod1 einmal entwismen. So oft eine smwere Erdsmolle oder Stein und Bein p ol- ternd auf den Holzsarg kollerte, weinte Mutter laut auf. Nam dem Totenamt kam der Mesner auf die Mutter zu und bedeutete ihr im Auftrage Seiner Homwürden, des Herrn Dekans, mit uns Kindern in den Pfarr hof zu kommen. Das weiß im aum noch, als wäre es heute, wie wir alle in einer Reihe vo r dem homwürdigen Herrn Dekan standen. Er saß eben beim Frühstück. Der Ti sch war mit blühweißem Linnen gedeckt. Darauf stand smönes, bauchiges, dunkelb lau geblumtes Kaffeegesmirr ; und viel Weißbrot. Die gelbe Butterflade, die sim auf dem sattblauen Teller gar so absonderlim einladend ausnahm, werde ich auch nic- vergessen; für solme Dinge habe im kleiner Bub ein Auge gehabt f - Der Herr Dekan war ein stattlicher, wohlhäbiger Mann mit einem immer freundlimen Gesimt. Er smob im Aufstehen den breiten, ledergepolsterten Se ssel ein wenig hinter sim und hieß uns alle herzlim willkommen. Die Mutter kü ßte ihm als erste die Hand, dann drückten wir Kinder unsere nimt ganz ·trocke nen. Näsmen auf seinen Handrücken. Aber . er ließ sims ruhig gefallen und hatte tü r jedes ein freundlimes Wort. Dann sagte er zur Mutter: „Harte Zeiten, was, Mutter}? Freilim, ja f Wen Gott lieb ha t, den such t er heimf " Darauf sagte die Mutter: ,,Dann muß er mim aber smon remt lieb habenf " Und es smlug ihr die Stimme um, da ihre Augen uns Kinder streiften, di ewir zu fünft dastanden wie Orgelpfeifen und keinen Ernährer und Vater meh r hatten. Darauf sagte der Dekan: „Mutter!, nit verzagt seinf Ihr Seliger ist durch dreiund zwanzig Jahre Lehrer gewesen und immerfort remtsmaffen, ein Tiroler Kernmensch durch und dur ch f Das vergißt ihm die Gemeinde nit f Sed1zig Gulden Witwenpension hat die Ge- meinde für das Mutter! ausgesetzt, Jahr für Jahr, solang das Mutter! lebt ; und wir hoffen, nom remt lang r" Und der Herr Dekan setzte nun der Mutter des weiteren auseinander, wi e sim die Gemeinde auch bereits den Plan unserer Versorgung bis in die kleins ten Einzelheiten zuremtgelegt hätte. Vor allem galt es, der armen Lehrerswitwe di e- drückende Kinderlast abzunehmen. ,,Kinder sind eine sd1Were Last, hab im nit recht, Mutterle?" Wir sollten von der Mutter, das eine dahin, das andere dorthin zu fremd en. Leuten. Im sollte an einen Bauer auf dem Nördersberg abgegeben werden , da weiß ich noch gut. 44

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