Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1960

verschuldet und die Innerberger Hauptgewerkschaft dem Zusammenbruche nahe war, um 21 Gulden gekürzt.é8 An Holz= und Lichtgeld für den Turmwächter be¬ zog der Turnermeister um 1743 jährlich sechs Gulden.69 In der Regel stellte die Stadtgemeinde auch alljährlich dem Meister und seinen Gesellen Uniformen aus grünem Tuch (Livreen, bestehend aus Kleidung und Mantel) zur Verfügung. Für die Mitwirkung am Kirchenchor bekam der Stadtturner jährlich aus dem Stadt¬ pfarrkirchenamt 20 Gulden und 24 Metzen Korn.7o Eine Erhöhung des Einkom¬ mens brachte die Musik bei Hochzeiten und besonderen Anlässen.71 Aus den Ein¬ künften aber hatte er für die Instandhaltung der Instrumente aufzukommen7? und mußte den Gesellen zur Kost wöchentlich 30 bis 40 Kreuzer geben, vom Hochzeits¬ geld (3 kl.) ein Drittel. Nicht selten wurde anläßlich des Ablebens hochgestellter Persönlichkeiten vom Landesfürsten öffentliche Trauer angeordnet und damit jede Unterhaltungsmusik verboten,7s ebenso waren in der Advent= und Fastenzeit musi¬ kalische Veranstaltungen untersagt. In solchen Zeiten wurden meist die Erspar¬ nisse aufgebraucht und mancher Turnermeister, besonders wenn er wie Wolff Lauf¬ fensteiner täglich für 20 Personen (Turnermeister und Gattin, 3 Gesellen, 3 Lehr¬ jungen, 3 Dienstboten) zu sorgen hatte, geriet in Schulden und war gezwungen, beim Magistrat um eine Zubuße zu bitten.74 Bis zum Jahre 1638 lag das Turnermeisteramt in den Händen der Familie Schmidtperger.75 Im November dieses Jahres erhielt auf Fürsprache des Abtes zu Garsten der Geselle Balthasar Schmidtpergers, Paul Kronstorfer, die Stelle des Turnermeisters.76 1645 erwarb er das Bürgerrecht und eine Gast¬ wirtschaft.77 Nach seinem Ableben bekam 1647 „in Ansehung seiner Wolerfahren¬ heir der Khunst auch sonsten Jed (er) Zeitt Erbar vund Züchtig gefüehrten Wandlß, Hans Rohrmüllner den Turnermeisterposten.78 Wahrscheinlich starb er 1661. Die Witwe Anna Rohrmüllner führte mit „tauglichen Leu¬ ten“ den Turnerdienst bis zur Neubesetzung.79 Nur kurze Zeit, von 1663 bis 1665, war der Nachfolger Gottlieb Kronstorfer tätig.80 Am 30. Juni 1666 ver¬ lieh der Rat die Turnerstelle an Wolf Jakob Lauffenstainer. Er erhielt 1667 das Bürgerrecht und war bis 1679 auch als Rauchfangkehrer beschäftigt. Von stu¬ seinen neun Kindern konnten zwei Söhne auf Grund städtischer Stipendien dieren. Ein Sohn, und zwar Jakob Gottfried, wurde 1687 von Jakob Ignaz Ha¬ ger unvorsichtigerweise erschossen.8! Lauffenstainer, der 1689 starb, hatte sich, wie er am 20. März 1682 in einem Gesuch an den Magistrat berichtete, auch mit kom¬ positorischen Arbeiten befaßt: „Was ich in instrumentalisch Music in Zeit meiner Bedienung componirt damit Tag ond nacht öffters laboriert, vud mich dermassen destruirt, d (a)ß Ich es irzo an meiner gesundtheit merkhlich empfinde, ond Vost täglich schmerz (en) in Kopf und Leib leide “82 Bis zum Jahre 1691 überließ der Magistrat das Turneramt der Witwe Susanne Lauffenstainer.83 Am 15. Juli dieses Jahres übernahm die Stelle Ferdinand Sertl aus Melk.84 Bekanntlich geht die Entstehung der Wallfahrtskirche Christkindl auf diesen Turnermeister zurück. Um 1695 kaufte er von den Cölestinerinnen in Steyr ein in Wachs geformtes Christkindl, das er in der Höhlung eines Baumes in einem Wäldchen oberhalb der Ortschaft Unterhimmel aufstellte und dort wöchentlich Bitt¬ andachten verrichtete, die seine Heilung von der Fallsucht bewirkten.85Im Novem¬ ber 1725 legte Sertl den Turnerdienst zurück, den nun sein Sohn Franz weiter¬ führte.86 Franz Sertl kaufte 1741 vom Bürger und Klingenschmied Hans Losstainer Haus und Garten in Pyrach und erhielt 1744 vom Magistrat die Be¬ willigung zum Saitenmachen.87 Sein Nachfolger wurde 1759 der Turnergeselle und Kammerschreiber Wenzel Plyma aus Garsten.88 Völlig unabhängig vom Stadtturnermeister waren die vom Magistrat bestell¬ ten Trommler, die durchwegs aus Handwerkerkreisen stammten.89 In erster Linie wurden sie bei Verlautbarung amtlicher Verordnungenso und bei Werbun¬ gen benötigt, doch durften sie auch bei der Fronleichnamsprozession?t und anderen größeren Festlichkeiten nicht fehlen. Die Stadtobrigkeit entlohnte sie nur für ihre 61

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