Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1960

Anlauf, wollte dem jungen Ding imponieren und sagte: „Wissens, i bi in Kaiser Da lachte die Kellnerin, daß ihre weißen Zähne leuchteten, und sei Organist!“ — sagte: „Gehns, is wahr?“ und verschwand wieder. Bruckner wurde ob dieses Mißerfolges wieder wortkarg. Da stieg ein junger und — Lehrer auf einen Tisch — der Garten hatte sich inzwischen ganz gefüllt ich verkündete, ohne Bruckners Gegenwart zu ahnen: „Meine Damen und Herren, ist Ihnen eine freudige Botschaft bringen. Unser großer Meister Bruckner kann ein zufällig in Admont anwesend und er wird nachmittag in der Stiftskirche heute Da brummte Bruckner, ohne den Orgelkonzert geben. Beginn Punkt zwei Uhr!“ Kopf zu heben: „Es kann a später werden!“ Und wirklich war der Meister um zwei Uhr nicht zu bewegen, in die Kirche zu gehen. Durch gütiges Zureden brachte ihn Bayer endlich um halb drei Uhr hin. Als nun Bruckner an dem Orgeltische saß, da fiel aller Arger von ihm und er spielte, spielte, wie eben nur Bruckner, der große Musikant Gottes, spielen konnte Der Orgel Zaubertöne durchströmten das Gotteshaus und die Herzen der Andäch¬ tigen... Das Orgelkonzert wurde zum erhebenden Gottesdienst: Ein Gottnaher ließ die Menschen seine Sendung ahnen, sein Herrentum schauernd verspüren: Vor der Kirche erwarteten Bruckner die begeisterten Zuhörer und luden beide Her¬ ren gleich ein, mit ihnen das für sie so bedeutende Erlebnis zu feiern, und im Stiftskeller war man natürlich gleich ein Herz und eine Seele! Als Bruckner erfuhr, daß die Teilnehmer der Lehrertagung noch um Mitter¬ nacht nach Wien zurückfahren würden, war er gleich bereit, auch mitzukommen, da er ja ohnedies in ein paar Tagen nach Wien gefahren wäre. Er meinte, Bayer müsse unbedingt mit nach Wien fahren. Als ihm aber dieser bedeutete, daß er ja am nächsten Tag (Sonntag) Dienst in den Kirchen und beide Amter zu spielen habe, schwieg Bruckner eine Weile, dann sagte er: „Ja natürli, unsern Herrgott derf ma net wartn lassn!“ Auf eine Frage Bayer, warum denn wohl der Prälat so gar nicht so war, wie wenn er sich schon gefreut hätte auf den Besuch des Meisters, sagte Bruckner: „Aber „Ja wann hat dös is er ja goar net gwest, dös woar ja a ganz an anderer!“ Sie denn der Prälat eingeladen, Meister?“ — „Aber, gehns, vor zwanzg Jahr ... hm... der wird halt wahrscheinli scho gstorbn sei! ...“ Dann pilgerten alle zum Bahnhof, Bruckner an der Seite Bayers, wohl etwas gutmütig=mürrisch, weil Bayer ihn nicht bis Wien begleiten konnte. Bruckner auf Freiersfüßen Wieder einmal hatte es ihm ein Mädel angetan. Ein junges blondes, hüb¬ sches Ding mit fröhlichen Augen und lachendem Mund. Und es gefiel ihm so gut, daß er eines Tages seinem Freund erklärte: „Bayer, des Madl heirat i, des gfallt so guat! Se müassen morgn mit mir geh, i halt bei ihrn Vatern um sie an! ma Das Mädchen war die Tochter eines Steyrer Kaufmannes und Bayer wußte, daß es bereits mit einem feschen Bäckerssohn verlobt war. Er machte Bruckner auf die Schwierigkeit und Aussichtslosigkeit der geplanten Werbung aufmerksam. „Ja freili“ meinte da Bruckner, „wegn was is denn dös aussichtslos? Sie soll halt den Bäcken stehn lassn. Zu was braucht denn a so a saubers Diarndl an Bäcken heiraten? Passns auf, wann i kum, laßts ön Bäcken stehn. Also: Morgn gehn ma mitanand zum Vatern!“ Am nächsten Vormittag sah man beide, Bruckner und Bayer, in feierlichem Bratenrock, mit dem Zylinder und einem riesigen Blumenbuschen bewaffnet, über den Steyrer Stadtplatz stolzieren. Der Kaufmann lud hocherfreut beide gleich ins schöne Zimmer ein, stammelte etwas von großer Ehre, unverdienter Auszeichnung, seltenem Glück, und bot ihnen die besten Stühle an. Er konnte sich nicht genug für 45

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