Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1960

Anton PDrucne in Stegt Von Jula Bayer Mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin werden aus dem Buch „Anton Bruckner in Steyr“zwei Erzählungen abgedruckt. Bruckner besucht den Prälaten von Admont Dr. Anton Bruckner, der geniale Meister der Töne, stand wie alle gottbegna¬ deten Künstler mit den Kleinheiten und Kleinlichkeiten des Alltags auf stetem Kriegsfuß, konnte sich mit den gesellschaftlichen Formen der Städter als unver¬ fälschtes Naturkind nie recht befreunden und war kindlich dankbar, wenn er einen Freund fand, der ihm in diesem Widerstreit behilflich war. So sagte denn Bruckner eines Tages zu seinem Freund Bayer: Gengans, foahrns mit mir nach Admont. i hab scho so viel erzähln ghört vom Gsäus und der Prälat von Admont hat mi eh schon lang eingladn, i solln amol hoamsuachn.“ Und so fuhren beide an einem schönen Samstagmorgen nach Admont. Bruckner setzte sich gleich an einen Fenster¬ platz und freute sich, daß er „a so a komods Platzerl“ erwischt hatte. Da kam kurz vor der Abfahrt des Zuges ein Herr in das Koupee und machte Bruckner höflich aufmerksam, daß dies sein Platz wäre. Grantig sagte der Meister: „J geh von da net weg, i hab genau soviel zahlt wia Sö . ..“ Der Herr machte keinen weiteren Anspruch mehr auf Bruckners Platz, sondern ließ sich woanders nieder. Als der Zug in der nächsten Station (Garsten) hielt, dieser Herr aus und sofort stürzte der Stationsvorstand auf ihn zu und ging stieg dannwährend des Aufenthaltes an seiner linken Seite, immer ergebenst lächelnd, auf und ab. Auf eine Frage Bayers antwortete der Kondukteur, daß der Herr ein hoher Beamter des Eisenbahnministeriums sei, worauf Bruckner meinte: „Hiatzt steh i erst recht net auf, der zahlt ja überhaupt nix für sein Platz!“ Dieser Streit um den Platz machte Bruckner mißmutig, sodaß er die Pracht und Schönheit des Gesäuses gar nicht beachtete und seine üble Laune steigerte sich zum Zorn, als der Zug in Admont ankam und der Meister sah, daß die Station in Fahnen= und Girlandenschmuck prangte. „Also, wer hat denn des wieder verraten, daß i nach Admont foahr? I mag den Bliml=Blaml net!“ Als er dann erfuhr, daß Bahnhof und Ort wegen einer dort stattfindenden Lehrer=Tagung festlich geschmückt war, ärgerte er sich wieder sichtlich, daß die Dekorationen doch nicht ihm gegolten haben. Im Stifte mußten die beiden Herren verhältnismäßig lange warten, bis sie zum Prälaten vorgelassen wurden. Auch waren der Empfang und die Begrüßung durch diesen weitaus nicht so herzlich, als man auf Grund der Einladung hätte erwarten können. Immerhin: Der Prälat bat Bruckner, er möge nachmittag in der schönen Stiftskirche ein Orgelkonzert geben. Bruckner sagte zu und beide Herren gingen in einen Gastgarten. Bruckner war aber wortkarg und sichtlich verärgert. Eine blonde junge Kellnerin stellte den beiden Herren das Bier hin und beim Anblicke des hübschen Kindes taute Bruckner plötz¬ lich wieder auf und er sagte recht freundlich: „Kennens mi net, Fräulein? „Na“, sagte das Mädel und eilte zum nächsten Tisch. Bruckner, der ewig treue und ewig erfolglose Verehrer des weiblichen Geschlechtes, verfolgte die Kleine mit sei¬ nen Blicken und als sie ihm die zweite Halbe brachte, nahm er sich wieder einen 43

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