Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1960

Weil die Stadtväter aber der Ruhe nicht trauten, beauftragten sie den Stadt¬ obersten Andre Giefing die „Wehren ond Püxen“ reinigen und instandsetzen zu lassen.23 Als der Stadt „verordneter Artillerieoberst“ hatte Ratsherr Khürner Pul¬ ver einzukaufen und die Kanonen säubern zu lassen, damit sie im Ernstfalle zu gebrauchen wären.24 Zu den Bürden und der Verantwortung, die das Bürgermeisteramt in dieser, von Leidenschaften zerwühlten Zeit dem Stadtoberhaupte auferlegte, kamen die Erfordernisse des Alltags, die zwar im großen Geschehen unwichtig erscheinen, aber dennoch der Stadtverwaltung viele Sorgen bereiteten. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit sah sich Jahn veranlaßt, den Räten mit¬ teilen zu lassen, daß sie die Ratstage „mit merern Fleiß“ besuchen sollten.25 Das Ratsprotokoll vom 2. 9. 1605 berichtet, daß wieder ein Hochwasser den für die Zufuhr von Eisen und die Versorgung der Innerberger Bergleute mit Le¬ bensmitteln so wichtigen Schiffweg an der Enns an vielen Orten unterbrochen hatte. Matthias Hämbl und Peter Tribmer aus Ennsdorf mußten ihn, mit Hilfe der Bauern, die in der Nähe der zerstörten Stellen ihre Höfe hatten, sofort instand¬ setzen.26 Die Schäden ennsabwärts beheben zu lassen, wurde dem Ratsherren Wolf Schopper und dem Bürger Andre Khober aufgetragen.27 Zahlreiche „gartende“ Landsknechte, die die Bauern der Umgebung um Hab und Gut erleichterten, bei den Wirten in Steyrdorf und Ennsdorf Unterkunft ge¬ funden hatten und bei ihnen das gestohlene Gut verpraßten, waren 1606 in der Stadt unliebsame Gäste.28 Den Wirten wurde aufgetragen, sie nur eine einzige Nacht zu beherbergen und ihre Namen dem Stadtrichter bekanntzugeben. Diese Plage dauerte bis 1611 an, so daß Bürgermeister Jahn den Stadtrichter beauf¬ tragen mußte, in den Vorstädten und innerhalb des Burgfriedes der Stadt Strei¬ fen auszusenden und alle verdächtigen „Gardtkhnecht“ fortzuschaffen.29 1608 scheinen in der Stadt viele Gebäude, ebenso die Stadtmauer und das Pflaster ausbesserungsbedürftig gewesen zu sein. Deshalb wurde in der Rats¬ sitzung vom 21. 7. dieses Jahres der Stadtkämmerer Joachim Händl vom Rate ernsthaft gerügt, daß er seinen Aufgaben zu wenig Beachtung schenke und seine privaten Angelegenheiten denen der Stadt vorziehe. Der Rat trug wegen dieser „läßigkhait ein hoches mißfallen“.30 Es wurde Händl aufgetragen, sein „Ambt in Acht“ zu haben und künftig mit „mehrern Fleiß auch Ernst“ zu versehen. Auch der Ramingsteg war reparaturbedürftig geworden. Doch war seine Instandhaltung eine Aufgabe des „Fischhubers“ der deshalb vor den Rat geladen wurde.st Im Jahre 1611 wurde auch mit dem Bau des Getreidekastens, dem heutigen Heimatmuseum am Grünmarkt begonnen.32 Seit mehr als zwei Jahrhunderten gab es wegen der Gerichtsbarkeit zwischen Stadt und der Herrschaft Steyr häufig Streit. 1606 wurde im Rate beschlos¬ der sich mit der Herrschaft durch „billiche Mitl“ zu vergleichen.s3 1608 konnte sen, endlich ein ordentlicher Vertrag über die strittigen Punkte der Jurisdiktion abge¬ schlossen werden.34 Komponisten Orlando die Lasso und seinem Bruder ließen Dem weltbekannten 4. 1606 für „guette affection“ zwei Taler überreichen. Di die Stadtväter am 10. Motetten (geistliche Kompositionen) angeboten. Da aber Lasso hatte der Stadt solche in „guetter anzahl“ vorhanden waren, begnügte sich der Rat mit der Ehren¬ gabe an die Brüder.35 Zu den namhaften deutschen Komponisten des 17. Jahrhunderts zählt der in dieser Zeit aus Horn zugewanderte Paul Peurl (Peüerl) .36 Auf sein „bewegliches anhalten“ hin bewilligte ihm der Rat am 18. 2. 1611 für das Amt des Organisten 100 Gulden als jährliche Bestallung. Auch an die Wohnung wolle der Rat denken, berichtet das Ratsprotokoll.37 Um die wirtschaftlichen Verhältnisse stand es nicht zum besten. In Steyr, das seinen Wohlstand ja immer dem Eisen verdankte, wurden die politischen Begeben¬ 115

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