alle Maßnahmen für den Fall eines Ausbruches von Feindseligkeiten treffen ließ. An den Landesgrenzen wurden Schanzen aufgeworfen, für die Sperrung der Donau bei Neuhaus wurde eine schwere eiserne Kette in Steyr bestellt,té eine andere aus dem Zeughause in Wien geliefert und das Landaufgebot wurde zur Verteidigung aufgerufen. Von der Stadt Steyr verlangten die Stände die Liefe¬ rung von Scharsachstahl zur Anfertigung von Waffen.17 Im April 1610 faßte Rudolf ein Schreiben ab, in dem er die ober= und niederösterreichischen Stände einlud, sich wieder unter seine Herrschaft zu begeben. Gleichzeitig versprach er diesen das Recht der freien Religionsausübung, die Be¬ stätigung der alten und die Erteilung neuer Privilegien. Mehrere Reichsfürsten ver¬ mittelten in dieser sich zuspitzenden Situation und es kam zu einem Übereinkom¬ men, wonach die sogenannten „Passauer“ Soldaten innerhalb eines Monates und auch die von Matthias Ausgehobenen heimgeschickt werden sollten. Das Passauer Kriegsvolk unter seinem Obersten Laurentius Ramée, einem Wal¬ lonen, hatte noch Sold zu erhalten, den der Kaiser, wegen Geldmangels, nicht aus¬ zahlen konnte. Da es diesen Truppen an Verpflegung fehlte, fielen sie im Dezem¬ ber in Oberösterreich ein und besetzten Lambach und die Welser Vorstadt. Eiligst traten nun die Stände in Linz zusammen. Den Steyrer Abgesandten wurde auf¬ getragen, die Stadt vor dem Einmarsch dieser Truppen zu bewahren. Der Rat verfügte die Aushebung der wehrfähigen Bürgerschaft, weiters wurden 100 Sol¬ daten auf Kosten der Stadt angeworben. Frauen und Kinder wurden in sichere Gebiete geschickt, bewegliches Gut ins Schloß gebracht.18 Ramée hatte die Absicht, sich mit seinen Truppen in die Steiermark durch¬ zuschlagen. Am 28. 12. 1610 verließ er Wels und marschierte über Kirchdorf nach Klaus zum Pyhrnpaß. Hier wurde er durch die den Paß verteidigenden benach¬ barten Bewohner am Weitermarsche gehindert. Steyr, das nun seinerseits wieder einen Angriff befürchtete, erbat sich Truppenverstärkung. Mit fieberhafter Eile wurde vor dem Taborfriedhofe ein Blockhaus gebaut, das eventuellen Angriffen Widerstand bieten sollte. Ramée jedoch zog sich über Traunegg nach Lambach zurück und begann von dort aus Linz zu bedrohen. Die Stände schlossen angesichts dieser Gefahr einen Vertrag, in dem den Truppen Ramées der ungehinderte Übergang über die Donau zugesagt wurde, falls er das Land verließe. Über das Mühlviertel zogen die „Pas¬ sauer“ nun nach Budweis und Prag, um sich dort den lange ausständigen Sold zu holen. Bei Annäherung des Kriegsvolkes baten die böhmischen Stände den Kai¬ er, den Befehl zum Rückzug Ramées zu geben und ihm den ausständigen Sold in Krummau anweisen zu lassen. Rudolf willfuhr diesem Verlangen scheinbar, indem er Erzherzog Leopold den Auftrag erteilte, die Passauer Truppen zurückzuführen. Ramée erklärte jedoch, er käme zum Schutze des Kaisers nach Prag. In dieser Stadt kam es nun zwischen dem Kriegsvolke und den Bürgern zu blutigen Auf¬ tritten. Die Stände begehrten nun vom Kaiser nochmals die Fortschaffung der „Passauer“ und machten sich erbötig, den rückständigen Sold zu bezahlen. Der Kai¬ ser lehnte diesen Antrag ab, worauf die Stände sich an Matthias und einige pro¬ testantische Fürsten wandten. Dies bewirkte, daß Erzherzog Leopold mit Ramée und seinen Truppen in die Passauer Diözese abzogen. Matthias kam nach Böhmen und hielt am 24. 3. 1611 seinen Einzug in Prag. Rudolf mußte die Stände des Treueides entbinden und in die Krönung Matthias' zum König von Böhmen ein¬ willigen. Das Passauer Kriegsvolk hatte in Oberösterreich beträchtlichen Schaden angerichtet. Es wurde beschlossen, diesen feststellen zu lassen.19 Auch die anläßlich der Raméeschen Bedrohung von der Stadt aufgenommenen 100 Kriegsknechte wurden entlassen,20 lediglich zwei bis drei Befehlshaber wurden gegen „reichung des Lifergelt“ weiter im Dienste der Stadt behalten.2 Eine Auf¬ stellung der Kosten, die der Einfall der „Passauer“ verursachte, wurde den Stän¬ den überreicht.22 113
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